
Helmholtz-Gymnasium: Kreidezeit statt Digital-Zeitalter?
Schulleitung will „Zwei Welten“ mit klassischen Tafeln statt Smartboards
Kinder und Jugendliche wachsen wie selbstverständlich mit digitalen Medien auf. Und da sie in der Schule volksmündlich „für's Leben lernen“ sollen, ist eine digitale Lernausstattung auch das Ziel der Landesregierung und der Hildener Stadtverwaltung. Das Helmholtz-Gymnasium Hilden (HGH) steht allerdings derzeit in der Kritik, weil es beim Neubau des Oberstufenzentrums lieber Kreidetafeln statt digitale Smartboards installieren will. Schulleiterin Barbara Krieger strebt eine so genannte „Zwei Welten“-Lösung an, bei der analoge und digitale Lernsysteme kombiniert werden: Alle Schüler arbeiten mit einem Tablet. Doch die Ansichten werden nicht auf einer digitalen Tafel angezeigt, sondern per Beamer auf eine klassische Kreidetafel projiziert, erklärt Barbara Krieger auf Anfrage von anzeiger24.de. Auf diese Weise gebe es keine technischen Ausfälle von Smartboards und man müsse kein System hochfahren. Eine Kreidetafel würde außerdem mehr Fläche zum Schreiben bieten. Auch die Benutzung von Whiteboard-Stiften lehnt Barbara Krieger ab, weil diese nicht umweltfreundlich seien und außerdem schmieren würden.
Die HGH-Leiterin sieht ihr Konzept nicht als „rückständig“, wie es Kritiker sagen: „Die Tablets übernehmen die gleiche Funktion wie das Smartboards. Wir nutzen analoge und digitale Medien parallel.“
Schulleitung und Eltern für Kreidetafeln – SPD für digitales System
Die Stadtverwaltung hätte es lieber gesehen, wenn das Helmholtz-Gymnasium voll digital ausgestattet wird. Ab dem Schuljahr 2019/2020 sollen alle Hildener Grundschulen mit digitalen Tafelsystemen ausgestattet sein. Warum also nicht auch die Gymnasien?
Ein weiterer Nachteil: Durch die Anschaffung der Kreidetafeln kostet der Ausbau rund 50.000€ mehr – unter anderem wegen der notwendigen zusätzlichen Wasseranschlüsse, denn Kreidetafeln müssen abgewaschen werden. Diese Summe will die Schulleitung an anderer Stelle einsparen.
Bei einer digitalen Tafel dagegen gebe es keinen Kreidestaub und keine Verschlammungen mehr. Smartboards funktionieren auch ohne angeschlossene PC oder Notebooks und können mit Unterrichtssoftware der Schulbuchverlage gefüttert werden, argumentiert die Verwaltung.
Die Kreidetafeln werden auch mindestens 20 Jahre lang stehen bleiben – so lange läuft nämlich die Abschreibungsfrist im städtischen Haushalt. Andererseits: Smartboards könnten bei der rasanten Technikentwicklung nach ein paar Jahren wieder veraltet sein...
Schulleitung und die Elternschaft des HGH haben sich jedenfalls für die Kombination aus Kreidetafel und Beamer eingesetzt. Und auch die Politik, die über die Freigabe der Mittel entscheidet, scheint sich dem Willen zu beugen: Im Schulausschuss am 8. November stimmten alle Fraktionen für die Kreidetafel-Lösung – mit Ausnahme der SPD. Sie hält die „Zwei Welten“ für kein zukunftsfähiges Konzept, erklärt Christoph Bosbach auf Anfrage von anzeiger24.de: „Wenn Schulabgänger in das Berufsleben starten, werden sie mit der digitalen Welt konfrontiert. Warum nicht gleich in der Schule?“ Die Jugendlichen seien bereits in ihrer Freizeit digitalisiert. „Smartboards sind die einzig tragfähige Lösung“, findet Bosbach. Das Helmholtz-Gymnasium würde daher eine Chance verpassen.
Der Umwelt- und Klimaschutz-Ausschuss am 15. November und im Haupt- und Finanzausschuss am 28. November werden das Thema ebenfalls beraten, bevor es im Rat am 12. Dezember eine endgültige Entscheidung fällt. Dass sich da andere Mehrheiten ergeben, dürfte fraglich sein.