Zukunftsrat Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk: Das muss sich ändern
20.01.2024Gremium empfiehlt Reformen für ARD, ZDF und Deutschlandradio – Andere Strukturen, andere Finanzierung, mehr Kontrolle
Ein gesetzlich verordneter Rundfunkbeitrag pro Haushalt, im Gegenzug gibt es einen Mix aus Informationen, Nachrichten und Unterhaltung. Dieses Modell des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ARD, ZDF und Deutschlandradio) findet bei immer mehr Menschen immer weniger Akzeptanz. Es gibt Vorwürfe der „regierungsnahen“ Berichterstattung, und auch die Geldverschwendung beim rbb hat nicht gerade das Vertrauen in das System gefördert. Die Politik, die die Rahmenbedingungen für den Rundfunk-Staatsvertrag setzt, will nicht mehr alles hinnehmen, zum Beispiel eine Erhöhung des Beitrags. Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder fordert sogar eine Reduzierung der Sendeanstalten und der Programmangebote.
Wie also können sich ARD, ZDF und Deutschlandradio für die Zukunft wappnen?
Nun hat der „Rat für die zukünftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ (Zukunftsrat) in einem knapp 40-seitigen Bericht mehrere Empfehlungen „über das laufende Jahrzehnt hinaus“ vorgelegt und einen „Kraftakt“ sowie „deutlich strukturelle Einsparungen“ gefordert.
Hier einige Beispiele:
- Der Zukunftsrat empfiehlt ein neues Finanzierungsverfahren, damit die Öffentlich-Rechtlichen „ihren zukünftigen Auftrag besser erfüllen und effizienter arbeiten“. Die Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio soll gemäß erbrachter Leistung – genauer: der vollumfänglichen Erfüllung des Auftrags – erfolgen (ex post anstelle der Anmeldung eines Finanzbedarfs im Vorhinein, ex ante). Das Verfahren kombiniert Auftragserfüllung und Indexierung.
- In Zukunft sollen die Anstalten nicht mehr ihren künftigen Finanzbedarf bei der Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) anmelden, die diesen Bedarf prüft. Vielmehr soll eine modifizierte und nach wie vor völlig unabhängige KEF bewerten, ob die Anstalt ihren Auftrag erfüllt hat. „Stellt die KEF fest, dass eine Anstalt ihren Auftrag nicht vollständig erfüllt hat, nimmt sie Abschläge von den Finanzzuweisungen vor“, erläutert der Zukunftsrat.
- Nur noch eine ARD-Anstalt anstelle der bisherigen Arbeitsgemeinschaft, um „Mehrfachstrukturen abzubauen“
- Fokussierung der neun ARD-Landesrundfunkanstalten auf ihre jeweilige Region, um Bürgernähe und Akzeptanz zu schaffen – Strategie-, Steuerungs-, Finanz- und Organisationskompetenz für alle überregionalen Angebote (wie Mediatheken oder Audiotheken und das „Erste“) und für alle zentralen Aufgaben und Dienstleistungen
- Eine gemeinsame Tochtergesellschaft von ARD, ZDF und Deutschlandradio für die Entwicklung und den Betrieb einer einheitlichen Technologie für die digitalen Plattformen.
- Ein neues Finanzierungsverfahren für ARD, ZDF und Deutschlandradio gemäß erbrachter Leistung
- ARD, ZDF und Deutschlandradio sollen „als unaufgeregte Erklärer“ und „Anwälte des demokratischen Diskurses“ fungieren
- Reform der Gremien und Geschäftsleitungen bei ARD, ZDF und Deutschlandradio – klare Strukturen mit eindeutigen Verantwortlichkeiten und einer wirksamen Kontrolle – je einen pluralistisch besetzten Medienrat, der über die Erfüllung des Angebotsauftrags wacht, und je einen Verwaltungsrat, der die oberste strategische Verantwortung trägt und die operative Geschäftsleitung beaufsichtigt.
- Anstelle des Intendantenmodells soll es „kollegiale Geschäftsleitungen“ geben, in denen die oder der Vorsitzende nur als Ultima Ratio ein Letztentscheidungsrecht besitzt.
- Eine gemeinsame technische Plattform für ARD, ZDF und Deutschlandradio
- Die Amtszeit von Führungspersonal sollte grundsätzlich auf zwei Perioden begrenzt werden.
- „Funktionsadäquate Gehälter“: „Ein von vornherein auf niedrigere Gehälter abzielender ‚Gehaltspopulismus‘ hilft ebenso wenig weiter wie eine tendenzielle Angleichung an privatwirtschaftliche Verhältnisse“, schreibt der Zukunftsrat. „Gutes Angebot braucht gute Köpfe.“
Die Mitglieder des Zukunftsrats sind:
- Prof. Dr. Mark D. Cole Professor für Medien- und Telekommunikationsrecht, Universität Luxemburg, und Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR)
- Maria Exner Journalistin, Gründungsintendantin Publix, Haus für Journalismus & Öffentlichkeit, Berlin
- Prof. Dr. Peter M. Huber Professor für Öffentliches Recht und Staatsphilosophie, Ludwig-Maximilians-Universität München, Bundesverfassungsrichter a.D., Minister a.D.
- Julia Jäkel Aufsichtsrätin, Medienmanagerin, Hamburg
- Prof. Dr. Nadine Klass Professorin für Bürgerliches Recht, Recht des Geistigen Eigentums und Medienrecht sowie Zivilverfahrensrecht, Universität Mannheim und Co-Direktorin Institut für Urheber- und Medienrecht München (IUM)
- Prof. Bettina Reitz Präsidentin der Hochschule für Fernsehen und Film, München
- Prof. Dr. Annika Sehl Professorin für Journalistik mit dem Schwerpunkt Medienstrukturen und Gesellschaft, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
- Roger de Weck Publizist, Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) a.D., Zürich
Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Foto: G.Altmann/Pixabay
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