Fall Mouhamed Dramé: Alle Polizeibeamte freigesprochen
12.12.2024Tödliches Ende einer Eskalation: Wie gefährlich war der bewaffnete Jugendliche?
Der Tod von Mouhamed Dramé, einem 16-jährigen Flüchtling aus dem Senegal, hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Nun hat das Dortmunder Landgericht die fünf angeklagten Polizisten freigesprochen. Das Urteil sorgt für heftige Reaktionen, sowohl im Gerichtssaal als auch darüber hinaus.
Am 8. August 2022 endete ein Polizeieinsatz in der Dortmunder Nordstadt mit dem Tod von Mouhamed Dramé. Der Jugendliche, der sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand und ein Messer hielt, wurde von einem Polizisten mit einer Maschinenpistole erschossen. Der Einsatz war eskaliert, nachdem der Einsatzleiter den Gebrauch von Pfefferspray und einem Taser angeordnet hatte.
Was war geschehen?
Mouhamed Dramé hatte sich in einer Nische seiner Jugendeinrichtung zurückgezogen und hielt sich ein Messer an den Bauch. Betreuer alarmierten die Polizei, weil sie befürchteten, dass er sich etwas antun könnte. Trotz des Einsatzes von zwölf Polizeibeamten gelang es nicht, mit dem Jugendlichen in Dialog zu treten. Stattdessen eskalierte die Lage, als Pfefferspray und Taser eingesetzt wurden. Mouhamed bewegte sich daraufhin mit dem Messer in der Hand auf einen Polizisten zu. Mit Bauchschüssen aus einer Maschinenpistole wurde der Heranwachsende getötet.
Erlaubnistatbestandsirrtum: Beamte konnten von einer Gefahrensituation ausgehen
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Einsatzleiter Fahrlässigkeit vorgeworfen und eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten sowie eine Geldzahlung von 5.000 Euro an eine Jugendeinrichtung beantragt. Dennoch entschied das Gericht, dass weder er noch die anderen Beamten strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.
Der Richter führte aus, dass die Beamten in der Situation subjektiv davon ausgehen mussten, sich in Gefahr zu befinden. Obwohl objektiv keine Notwehrsituation vorlag, sei ihr Handeln durch einen sogenannten „Erlaubnistatbestandsirrtum“ gedeckt gewesen. Die Polizisten hätten eine Situation angenommen, in der sie berechtigt gewesen wären, so zu handeln, wie sie es taten.
Reaktionen der Familie und Öffentlichkeit
Mouhamed Dramés Brüder Sidy und Lasanna, die seit Januar den Prozess in Dortmund verfolgt haben, reagierten erschüttert auf das Urteil. Sidy Dramé brach während der Urteilsverkündung in Tränen aus. „Das soll Gerechtigkeit sein?“ fragte er verzweifelt gegenüber Journalisten.
Auch bei Aktivisten, die den Prozess begleitet haben, löste das Urteil Empörung aus. Im Gerichtssaal skandierten sie „Justice for Mouhamed – Das war Mord“, bevor sie von Justizbeamten aufgefordert wurden, den Raum zu verlassen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Nebenklage prüft, ob sie Revision beim Bundesgerichtshof einlegen wird. Sollte dies geschehen, könnte der Fall erneut verhandelt werden.
Bericht erstellt mit Material des WDR
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