Wirbel um OVG-Urteil: Keine Lebens-Bedrohung mehr in Syrien – kein Schutz mehr für Flüchtlinge?

23.07.2024

Kritik von humanitären Organisationen – Bundesregierung will Sachverhalt prüfen

Dieses Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom 22. Juli 2024 lässt aufhorchen: Demnach bestehe in Syrien „keine ernsthafte, individuelle Bedrohung“ für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit von Zivilpersonen durch willkürliche Gewalt im Rahmen eines Bürgerkriegs mehr. Diese Entscheidung basiert auf einem Urteil vom 16. Juli 2024.

 

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Der Fall betrifft einen syrischen Staatsangehörigen aus der Provinz Hasaka, der 2014 nach Deutschland einreiste. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte ihm die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutz verweigert, da er an der Schleusung von Personen aus der Türkei nach Europa beteiligt war und dafür in Österreich verurteilt wurde. Das Verwaltungsgericht verpflichtete das BAMF zunächst, ihm die Flüchtlingseigenschaft zu gewähren, was das OVG jedoch aufhob.
Laut OVG liegt keine politische Verfolgung des Klägers in Syrien vor, und aufgrund seiner Straftaten ist er von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausgeschlossen. Auch für den subsidiären Schutz sieht das Gericht keine Grundlage, da die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Syrien, insbesondere in der Provinz Hasaka, nicht mehr das Niveau erreichen, dass Zivilpersonen ernsthaft bedroht wären.

 

Das Urteil wurde scharf kritisiert. Wiebke Judith von Pro Asyl bemängelte, dass das Gericht die Realität in Syrien ignoriere, wo weiterhin erhebliche Gefahren durch den Bürgerkrieg und das Assad-Regime bestehen. Ähnlich äußerte sich der NRW-Flüchtlingsrat und nannte das Urteil "fatal und verheerend". Trotz des Urteils bleibt ein bundesweites Abschiebeverbot bestehen, und faktisch ist eine Abschiebung nach Syrien derzeit nicht möglich.

 

Das BAMF plant, die genaue Begründung des OVG abzuwarten, bevor es seine Bewertung ändert. Bundesjustizminister Marco Buschmann betonte, dass eine genaue Prüfung der Sicherheitslage in den verschiedenen Regionen Syriens notwendig sei. Auch das Bundesinnenministerium prüft laufend die Entscheidungspraxis basierend auf aktuellen Quellen und Gerichtsurteilen.
Diese Entscheidung des OVG Münster könnte weitreichende Folgen für die mehr als 700.000 syrischen Flüchtlinge und Asylbewerber in Deutschland haben und wirft Fragen über die zukünftige Handhabung des subsidiären Schutzes auf.

 

Quellen: OVG Münster / tagesschau
Foto: G. Altmann/Pixabay

 


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