FDP unter Druck: Lindner bleibt standhaft

02.12.2024

Empörung über „D-Day“-Papier: Vorsitzender will nicht zurücktreten, sondern Spitzenkandidat bleiben

Der Druck wächst, aber Christian Lindner bleibt standhaft: Der FDP-Vorsitzende und Ex-Bundesfinanzminister will keine Verantwortung für den Wirbel rund um das so genannte „D-Day“-Koalitions-Austritts-Plan-Papier tragen, das seine Partei in keinem rühmlichen Licht erscheinen lässt. Im ARD-Talk von Caren Miosga am Sonntagabend, 1. Dezember 2024, schloss er weiterhin einen Rücktritt aus. Stattdessen wolle er weiterhin Spitzenkandidat für die wahrscheinlich vorgezogene Bundestagswahl im Februar 2025 bleiben. Die FDP sei „aus inhaltlicher Überzeugung nicht bereit gewesen, die Ampel-Politik weiter mitzutragen“, so Lindner. „Jetzt gehe ich durch diesen Hagelschauer mit faustgroßen Hagelkörnern. Aber das mache ich ja deshalb, weil ich an etwas glaube und gerne wissen will, ob das bei den Bürgerinnen und Bürgern Unterstützung findet."

 

Was war passiert?

 

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"D-Day" und "offene Feldschlacht": Papier selbst veröffentlicht

Enthüllungen von der ZEIT und anderen Medien haben gezeigt: Der „Rauswurf“ durch Bundeskanzler Scholz am 6. November 2024 kam für den damaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner nicht überraschend, im Gegenteil. Ein Team hatte laut den Berichten einen Ablaufplan für ein Platzen der „Ampel-Koalition“ entwickelt. Das so genannte „Wirtschaftswende-Papier“, das genau das Gegenteil von Vereinbarungen im Koalitionsvertrag beinhaltet, gehörte damit wohl zum Plan.

 

Dieses interne Papier soll dabei Begriffe wie „D-Day“ und „offene Feldschlacht“, also Begriffe aus dem Zweiten Weltkrieg, enthalten haben – eine Sprache, die viele Menschen schockierte.

 

Nach Veröffentlichung der Berichte wollte die FDP in die Transparenz-Offensive gehen und stellte das Dokument öffentlich auf ihrer Internetseite zur Verfügung. Das aber löste erst recht Empörung aus, weil die verwendete martialische Sprache dadurch bestätigt wurde. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai übernahm am Freitag, 29. November 2024, „die Verantwortung für diese Fehler“ und reichte seinen Rücktritt ein: „Ich habe unwissentlich falsch über ein internes Dokument informiert. Dies war nicht meine Absicht, da ich selbst keine Kenntnis von diesem Papier hatte – weder von der Erstellung noch von der inhaltlichen Ausrichtung. Dafür entschuldige ich mich. Für einen solchen Vorgang ist der Generalsekretär verantwortlich.“

Er betonte, dass er die politische Verantwortung übernehmen wolle, „um Schaden von seiner Glaubwürdigkeit und der der FDP abzuwenden.“

Auch Geschäftsführer Carsten Reymann verkündete seinen Rücktritt, um eine „personelle Neuaufstellung“ der Partei zu ermöglichen.

 

"Von politischem Gegner ausgenutzt"

Und Lindner? Der Chef der FDP sieht keine Veranlassung, ebenfalls zurück zu treten. In einer Videobotschaft auf der Plattform X erklärte er: „Gegenwärtig wird über die Deutung des Ampel-Aus gerungen. Es ist eine Machtauseinandersetzung.“ Es habe Fehler gegeben, die er bedauere: „Fetzen aus Sitzungen und internen Dokumente unserer unterschiedlichen Vorbereitungen wurden Medien zugespielt. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen zu Hause ist. Bei uns im geschützten Raum intern, da wird auch manches gesagt und manches aufgeschrieben, was bei näherer Betrachtung nicht akzeptabel ist." Lindner bestreitet, von diesem Papier Kenntnis gehabt zu haben.

Dies würde aber von politischen Gegnern nun ausgenutzt, „um vom Wesentlichen für das Land abzulenken“.
Die „Ampel-Regierung“ sei nicht an der FDP gescheitert, sondern weil sie die „Akzeptanz der Bürger verloren“ habe. Wege der großen politischen Unterschiede von drei Parteien sei ein mögliches Aus ohnehin immer wahrscheinlicher geworden. Die FDP habe sich deshalb darauf vorbereitet.

 

Es bleibt also alles beim Alten. Die beiden Rücktritte werden in den Medien als „Bauernopfer“ interpretiert.

Der ehemalige Bundesjustizminister Marco Buschmann soll nun neuer Generalsekretär werden.
So will die FDP nun in den Bundestagswahlkampf starten. Dazu sagt Lindner in Richtung Wählerinnen und Wähler: „Orientieren Sie sich dabei nicht an der Vergangenheit, sondern an dem, was Sie für Ihre Zukunft für richtig halten!“

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Photothek Bundestag

 


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