Hitzige Debatte um „Heizungs-Gesetz“ – Parteien laufen sich warm
22.05.2023Nun muss das Parlament diskutieren und eine Entscheidung treffen – Wer wird sich durchsetzen?
Es rumort schon seit Monaten – in der Politik, in der Bevölkerung, in der Wirtschaft und bei den Handwerksbetrieben. Die Ideen und Pläne des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) zu einem Gesetz, das den Austausch von fossil betriebenen (also Öl und Gas) Heizungen auf „klimafreundliche“ Technologien vorschreiben und regeln soll, beunruhigt viele Menschen und wird buchstäblich „heiß diskutiert“.
Nachdem sich die Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP mehr oder weniger geschlossen auf einen Gesetzentwurf geeinigt haben, nimmt dieser nun seinen geregelten Weg durch den Bundestag. Denn nur das Parlament bestimmt am Ende, was tatsächlich beschlossen werden soll.
Vor der hitzigen Debatte laufen sich nun die Parteien warm.
***Update***
13. Juni 2023: Es gibt eine Einigung in der Ampelkoalition. Mehr dazu hier...
Worum geht es?
Hier einige Eckpunkte des Gesetzentwurfs:
- Grundsätzlich müssen demnach ab dem 1. Januar 2024 jede neu eingebaute Heizung (in Neubau und Bestandsgebäuden, Wohn- und Nichtwohngebäude) mindestens 65% erneuerbare Energie nutzen.
- Ziel ist der klimaneutrale Gebäudebestand bis spätestens 2045. Hierfür müssen in den nächsten 20 Jahren alle Heizungen schrittweise auf erneuerbare Energien umgestellt werden
- Bestehende Gas- und Ölheizungen müssen allerdings nicht zwingend ausgetauscht werden: Sofern eine bestehende Heizung ordnungsgemäß funktioniert, kann diese weiterhin genutzt werden. Auch sind Reparaturen weiter möglich. Ist die Heizung also nur defekt und kann repariert werden, soll sie weiterhin betrieben werden dürfen. In der Regel muss sie aber ohnehin 30 Jahre nach Einbau und Aufstellung außer Betrieb genommen werden.
- Um Härtefälle anzufedern, sollen gewisse Übergangsfristen gelten. Zum Beispiel: Vorübergehend soll eine (ggf. gebrauchte) fossil betriebene Heizung eingebaut werden können, wenn innerhalb von drei Jahren nach Ausfall der alten Heizung planmäßig auf eine Heizung umgestellt wird, die die Erneuerbaren-Vorgabe erfüllt.
- Fällt die erste Gasetagenheizung in dem Gebäude aus, haben die Eigentümer erstens drei Jahre Zeit, um zu entscheiden, wie für das gesamte Gebäude auf Erneuerbare Heizungen umgestellt wird. Zweitens erhalten sie, wenn sie sich für Zentralisierung der Heizung entschieden haben, weitere drei Jahre Zeit zur Umsetzung.
- Außerdem soll die Pflicht zum Einbau einer Heizung mit mindestens 65 Prozent Erneuerbare Energien nicht erfüllt werden, wenn dies für den Gebäudeeigentümer eine „besondere Härte“ darstellt, etwa wenn es aus besonderen Gründen wirtschaftlich unzumutbar ist, die Pflicht im konkreten Fall zu erfüllen.
- Für den Umstieg auf Erneuerbare Technologien soll es finanzielle Unterstützung in Form von Zuschüssen, Krediten oder den bereits vorhanden Möglichkeiten für Steuergutschriften geben.
FDP: „Gut gemeintes Gesetz jetzt gut machen“
Die FDP ist zwar Mitglied der Ampel-Regierung und hat dem Gesetzentwurf auch grundsätzlich zugestimmt. Aber die Liberalen wollen noch jede Menge nachjustieren.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai findet das Gesetz in der jetzigen Form „nicht praxistauglich“, es werde auch „so nicht kommen“, kündigt er an: „Wenn selbst Fachleute, die sich mit diesen Dingen auskennen, sagen, dass die angegebenen Zeiträume nicht im Einklang mit der Realität sind, dann muss die Politik selbstverständlich reagieren und dann werden wir auch reagieren.“
FDP-Präsidiumsmitglied und -Bundestagsfraktionschef Christian Dürr ergänzt: „Der Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes von Robert Habeck war gut gemeint – nun ist es unsere Aufgabe, im parlamentarischen Verfahren dafür zu sorgen, dass das Gesetz auch gut gemacht wird.“ Die Liberalen wollen vor allem verhindern, dass das Gesetz einseitig auf den Einbau von Wärmepumpen zugeschnitten werde. Dies sei für viele Hauseigentümer finanziell nicht zu stemmen und in vielen Gebäuden auch technisch nicht möglich.„Es muss feststehen, dass sich die Menschen in diesem Lande auch zukünftig leisten können, ihre Häuser zu beheizen. Dabei geht es um nicht weniger als die soziale Akzeptanz des Klimaschutzes“, so Dürr.
Bildungsministerin und FDP-Vize Bettina Stark-Watzinger meint: „Ein Heizungstausch muss machbar, bezahlbar und auch technologieoffen sein.
SPD: Gesetz soll kommen – aber mit Nachbesserungen
Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken sieht keine Alternative zu einer ambitionierten Wärmewende, um die Klimaziele in Deutschland zu erreichen: „Die Wärmewende muss kommen, weil die Gebäudeenergie einen großen Anteil an den CO2-Emissionen in unserem Land hat. Und wenn wir klimaneutral werden wollen, dann muss die Wärmewende jetzt ambitioniert eingeleitet werden“, sagte Esken im Interview mit dem Fernsehsender phoenix.
Die Wärmewende müsse aber auch „praktikabel“ sein, damit die Menschen sie finanziell stemmen könnten. Die sozialen Ausgleichsmaßnahmen müssten dazu im geplanten Gebäudeenergie-Gesetz (GEG) „nachgeschärft“ werden.
Die Wärmepumpe sei in dem Gesetz im übrigen „nicht vorgeschrieben“, jedoch eine und „sehr mächtige Möglichkeit“, um die gesetzlichen Vorgaben zu erreichen, die Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien zu betreiben.
Der Königsweg in den Städten sei dagegen eine „kommunale Wärmeversorgung“, etwa mit Nah- und Fernwärme, damit die Menschen nicht einzeln ihre Wärme erzeugen müssten.
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil Änderungen kündigte im ARD-Bericht aus Berlin an, dass es vor der Verabschiedung des Gesetzes im Parlament „noch Änderungen“ geben könne:
„Wir haben da als SPD eine klare Richtung: Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden, die Bürgerinnen und Bürger brauchen Klarheit, was ab dem 1. Januar 2024 passiert.“
Geklärt werden müssten noch einige Streitfragen, etwa der Schutz von Mietern vor zu hohen Mietsteigerungen, die Altersgrenze von 80 Jahren oder die sozialen Staffelungen bei der Förderung. „Die Unsicherheit ist groß“, so Klingbeil. Man wolle dafür sorgen, dass sich niemand im Stich gelassen fühle: "Niemand wird zurückgelassen, alle werden mitgenommen.“
Grüne: „Weg von fossiler Energie – mit sozialer Gerechtigkeit“
Die Grünen verteidigen natürlich vehement den Gesetzentwurf, der in ihrem Ministerium entwickelt wurde: „Wir stehen vor der historischen Verantwortung, die Klimakatastrophe abzumildern“, sagte MdB Kassem Taher Saleh bei der ersten Debatte im Bundestag im April. „Wir machen das mit den Menschen und lassen dabei niemanden im Stich.“
Ganz zentral sei die Frage, „wie wir zukünftig heizen“. Weil nicht alle die gleiche Last tragen könnten, sei es richtig und wichtig über Ausnahmen und Entlastungen zu sprechen. Schließlich kämpften die Grünen für die soziale Gerechtigkeit. „Und die hört nicht beim Klimaschutz auf“, betonte Taher Saleh.
Klar sei, dass im Gebäudesektor etwas getan werden müsse. Auch im Jahr 2022 seien dort die Klimaschutzziele gerissen worden. „Wir wollen weg von der Abhängigkeit von schädlichen, fossilen Energien und hin zu Zukunftsenergien, die klimafreundlich ohne verstrahlten Müll und ohne Abhängigkeit von autoritären Regimen erzeugt werden können“, sagte der Grünenabgeordnete.
CDU: „Eingriff in das Privateigentum und Bürokratie-Dschungel“
Und selbstverständlich hält auch die Opposition nicht viel von dem Gesetz in seiner jetzigen Form. Anne König von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erklärt: „Der geplante Heizungs-Zwangstausch der Ampel-Regierung greift tief in das Eigentum der Menschen ein. Die Ampel macht rigide und unerfüllbare Vorgaben, die das Eigenheim, den privaten Rückzugsort, die Immobilie für die Altersvorsorge betreffen.
Der Gesetzesentwurf ist ein wahrer Bürokratie-Dschungel, der noch dazu hohe Anforderungen stellt. Auf Eigentümer, Mieter, Wohnungsbaugesellschaften sowie Wärmenetzbetreiber kommen unkalkulierbare Kosten zu. Nicht wenige plagt die Angst, ob sie sich mit den teuren Plänen von Bundesminister Habeck und Bundesministerin Geywitz das Dach über ihrem Kopf überhaupt noch leisten können. Mit dem Wirrwarr der letzten Wochen und diesem Beschluss setzt die Ampel-Regierung die Akzeptanz für den Klimaschutz aufs Spiel.
Wenn das Ziel des Klimaschutzes klar ist, dann kann und muss man die Wohnungseigentümer darüber entscheiden lassen, wie sie in Zukunft heizen wollen.“
Wohneigentums-Verband: Offener Brief an Minister Habeck
Auch die Wirtschaft wird aktiv. So fordert beispielsweise der Verband Wohneigentum (VWE) Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in einem Offenen Brief dazu auf, vom vorliegenden Entwurf „Abstand zu nehmen“. VWE-Präsident Peter Wegner plädiert dafür, die „Reset-Taste“ zu drücken und das Projekt „Klimafreundlicher Gebäudebestand“ solide und ganzheitlich geplant neu aufzusetzen: „Die Einführung ordnungsrechtlicher Vorgaben im Bestand ist ein tiefer Einschnitt, der, so wie er jetzt Gesetz werden soll, die Menschen nicht mitnimmt. Vielmehr fühlten sich die Betroffenen angesichts der ökonomischen und gesellschaftlichen Krisenzeiten überfordert und in die Enge getrieben. Viele, die in den eigenen vier Wänden leben, sind nicht vermögend. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Hälfte der Wohneigentümerinnen und -eigentümer zu wenig Einkommen hat, um die nötigen Investitionen für die private Wärmewende zu stemmen. Davor warnt der VWE eindringlich: So werden Sanierungswillige demotiviert, Skeptikerinnen und Zweifler in eine Verweigerungshaltung gedrängt.“
Wegner fordert stattdessen „eine einkommensabhängige, verlässliche und auskömmliche Förderung für die Menschen mit Wohneigentum bis in mittlere Einkommensgruppen hinein“.
Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos:Etaldy/Pixabay / anzeiger24.de
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