Bündnis Sahra Wagenknecht: Was will die neue Partei?
08.01.2024Linken-Spitzenpolitikerin will „wirtschaftliche Vernunft“, „soziale Gerechtigkeit“ und „Frieden“ eintreten
„Viele Menschen in unserem Land haben das Vertrauen in die Politik verloren und fühlen sich durch keine der vorhandenen Parteien mehr vertreten“, sagt Sahra Wagenknecht, bislang bekannt als „das Gesicht“ und ehemalige Vorsitzende der Partei Die Linke. Und weil sie mit der eigenen Fraktion keine Zukunft und Basis sah, um das zu ändern, gründete sie nun kurerhand ihre eigene Partei.
Zusammen mit den ehemaligen Linken-Bundestagsabgeordneten Amira Mohamed Ali und Christian Leye, dem Unternehmer und Linke-Gründungsmitglied Ralph Suikat sowie Lukas Schön – ehemals Die Linke in NRW – und als "Überraschungs-Coup" dem früheren SPD-Oberbürgermeister von Düsseldorf, Thomas Geisel, stellte sie am Montag, 8. Januar 2024, das Programm des „Bündnisses Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit“ (BWS) vor. Ziele seien „wirtschaftliche Vernunft“, „soziale Gerechtigkeit“, „Frieden“ und „Freiheit“.
MIt der neuen Partei entstehen wollen die Gründungsmitglieder in 2024 zur Europawahl und zu den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg antreten.
Was will das Bündnis Sahra Wagenknecht?
Die etablierten Parteien – insbesondere in der jetzigen Ampel-Koalition – haben nach Meinung Wagenknechts versagt: „Seit Jahren wird an den Wünschen der Mehrheit vorbei regiert. Statt Leistung zu belohnen, wurde von den Fleißigen zu den oberen Zehntausend umverteilt. Statt in einen kompetenten Staat und gute öffentliche Dienste zu investieren, haben Politiker die Wünsche einflussreicher Lobbys bedient und dadurch die öffentlichen Kassen geleert. Statt Freiheit und Meinungsvielfalt zu achten, macht sich ein autoritärer Politikstil breit, der den Bürgern vorschreiben will, wie sie zu leben, zu heizen, zu denken und zu sprechen haben. Die Regierung wirkt planlos, kurzsichtig und in vielen Fragen schlicht inkompetent. Ohne einen politischen Neuanfang stehen unsere Industrie und unser Mittelstand auf dem Spiel.“
Wagenknecht will deshalb „unsere wirtschaftlichen Stärken erhalten“, für „sozialen Ausgleich und eine gerechte Verteilung des Wohlstands“ agieren und ein „friedliches Zusammenleben der Völker und die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen“ schaffen.
Linke kritisiert ehemalige Spitzen-Vertreterin
"Die Linke" selber ist natürlich nicht begeistert. Zum einen wegen der neuen Konkurrenz, zum anderem weil durch den Austritt von Wagenknecht und ihren Gefolgsleuten die Partei ihren Fraktionsstatus im Bundestag verloren hat. Das schwächt "Die Linke" auch bei zukünftigen Wahlkämpfen.
Entsprechend scharf kritisiert der stellvertretende Linke-Vorsitzende Ates Gürpinar erwartungsgemäß die Gründung der Wagenknecht-Partei BSW: "Bisher scheint mir das Ganze wie ein Teller bunter Knete, geprägt von plumper Anti-Rhetorik", sagte er der Tageszeitung "nd.DerTag" (Dienstagausgabe).
Mit der Nominierung des bisherigen SPD-Politikers Thomas Geisel als Spitzenkandidat für die EU-Wahl mache das BSW deutlich, "dass es nicht die soziale Frage auf seine Fahne schreiben wird. Wer findet, dass die Agenda 2010 nicht ordentlich durchgezogen wurde und das individuelle Recht auf Asyl abgeschafft werden sollte, steht sowohl bei der Sozial- als auch bei der Migrationspolitik rechts", so Gürpinar. Damit bleibe die Linke "die einzige Partei mit dem Alleinstellungsmerkmal, den gesellschaftspolitischen Raum links neben der Ampel zu füllen".
Mit Blick auf Geisels Zeit bei der Treuhandanstalt in den 90er Jahren sagte Gürpinar, wer in Ostdeutschland zu Wahlen antreten möchte "und zeitgleich einen Privatisierer wie Geisel in den Europawahlkampf schickt, ist taktlos und scheint nicht besonders nah an den Menschen zu sein". Die Linke bleibe die beste Adresse für Menschen, "die gegen die Regierungspolitik protestieren möchten, aber nicht einfach nur dagegen sein, sondern das mit einer politischen Richtung für mehr Gerechtigkeit verbinden wollen".
Bericht: Achim Kaemmerer
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