Migrationspolitik: Ampel-Koalition will mehr Straftäter und Personen ohne Bleiberecht abschieben
26.10.2023Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf – Kanzler Scholz: „Wir müssen irreguläre Zuwanderung begrenzen“
Immer mehr Druck hat sich in den letzten Wochen auf die Ampel-Bundesregierung wegen ihrer Migrationspolitik aufgebaut. Denn viele Kommunen wissen nicht mehr, wo und wie sie tausende von Menschen unterbringen sollen, die in Deutschland Asyl beantragen sollen, bzw. deren Asylverfahren sich über Jahre hinzieht.
Ein Vorschlag zur Entlastung: Wer ohnehin keine Aussicht auf ein Bleiberecht hat oder sich strafbar gemacht hat, solle gar nicht erst aufgenommen, bzw. schneller in sein Herkunftsland zurückgeführt werden.
In dieser Frage hat insbesondere Innenministerin Nancy Faeser lange Zeit gezögert.
Nun aber hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz zu Wort gemeldet: „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben“, hat er in einem Interview mit dem SPIEGEL erklärt: „Wer keine Bleibeperspektive in Deutschland hat, weil er sich nicht auf Schutzgründe berufen kann, muss zurückgehen. (...) Die Verfahren müssen schneller werden, indem schon in der Erstaufnahme-Einrichtung Asylantrag samt Anhörung stattfinden. Und auch die Gerichtsverfahren müssen zügiger ablaufen. (...) Wir müssen mehr und schneller abschieben."
Den Worten sind nun Taten gefolgt: Das Bundeskabinett hat am 25. Oktober 2023 einen Gesetzentwurf „zur Verbesserung der Rückführung“ beschlossen. Das Gesetz soll eine „schnellere Rückführungen und Abschiebungen von Personen ohne Bleiberecht in Deutschland ermöglichen, erklärt das Bundesinnenministerium: „Damit leistet es einen wesentlichen Beitrag zur Begrenzung der irregulären Migration.“
Innenministerin Faeser ergänzt: "Indem wir dafür sorgen, dass Menschen ohne Bleiberecht schneller unser Land verlassen müssen, stärken wir den gesellschaftlichen Rückhalt für die Aufnahme von geflüchteten Menschen. Um das Grundrecht auf Asyl zu schützen, müssen wir die irreguläre Migration deutlich begrenzen. Wir sehen ein Bündel restriktiver Maßnahmen für mehr und schnellere Rückführungen vor. Das ist notwendig, damit wir weiterhin unserer humanitären Verantwortung für die Menschen gerecht werden können, die wir vor Krieg und Terror schützen müssen."
Der Gesetzentwurf
Folgende Regelungen für mehr und schnellere Rückführungen sind geplant:
- Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll im Einklang mit dem verfassungs- und europarechtlichen Rahmen von derzeit zehn auf 28 Tage verlängert werden. Damit erhalten die Behörden mehr Zeit, eine Abschiebung vorzubereiten.
- Die Ausweisung von Mitgliedern krimineller Vereinigungen wird deutlich erleichtert und unabhängig von einer individuellen strafgerichtlichen Verurteilung bei hinreichenden Tatsachen, die eine Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung belegen, ermöglicht. Dies ist ein weiteres Instrument zur Bekämpfung von Strukturen der Organisierten Kriminalität.
- Die Durchsuchung von Wohnungen nach Datenträgern und Unterlagen wird ermöglicht, insbesondere um die Identität einer Person zweifelsfrei klären zu können.
- Unter engen rechtsstaatlichen Voraussetzungen sollen die Möglichkeiten zum Betreten weiterer Räumlichkeiten in Gemeinschaftsunterkünften geschaffen werden. Damit soll sichergestellt werden, dass im Falle einer Abschiebung die betroffene Person auch tatsächlich in der Gemeinschaftsunterkunft angetroffen wird.
- Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden als eigenständiger Grund für Abschiebehaft geregelt.
- Eine Abschiebung wird bei Ausreisepflichtigen in Haft nicht mehr angekündigt. Ebenso soll die einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen, denen eine mindestens einjährige Duldung vorausging, gestrichen werden. Ausnahmen gelten für Familien mit Kindern unter 12 Jahren.
- Einreise- und Aufenthaltsverbote sollen ebenso wie Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen künftig sofort vollziehbar sein, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen.
- Die Vereitelung von Abschiebungen durch missbräuchliche Asylfolgeanträge soll verhindert werden.
- Künftig soll auch die Schleusung von Kindern strafbar sein.
- Die Ausweisung von Schleusern soll besonders forciert werden. Wenn sie mindestens zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurden, wiegt das Ausweisungsinteresse künftig besonders schwer, was eine Abschiebung erleichtert.
Bundeskanzler Olaf Scholz / Bundesinnenministerin Nancy Faeser
Fotos: photothek.net/Köhler & Imo / BMI/Peter Jülich
Darüber hinaus greift der Gesetzentwurf Vorschläge zur Entlastung der Ausländerbehörden auf: Konkret ist eine längere Gültigkeitsdauer von Aufenthaltsgestattungen im Asylverfahren (von drei auf sechs Monate) und von Aufenthaltserlaubnissen von subsidiär Schutzberechtigten (von einem auf drei Jahre) sowie von elektronischen Aufenthaltstiteln von Ausländern mit Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU vorgesehen.
Grüne Jugend kritisiert „Abschiebepaket“ mit Zustimmung ihrer Partei
Die neue Ko-Bundessprecherin der Grünen Jugend, Katharina Stolla, kritisiert die Vorschläge zum Asylpaket der Ampel-Koalition. "Das ist ein Abschiebepaket, wo es darum geht, Abschiebungen vor allem härter und traumatisierender zu machen", bemängelte Stolla im Gespräch mit dem Sender phoenix. Sie fordert eine andere Herangehensweise und will die Geflüchteten in den Mittelpunkt stellen, die besser geschützt werden sollten und sie fordert mehr dafür zu tun, ihnen Sicherheit zu geben. Oft seien sie "Leid, vor, auf und nach der Flucht" ausgesetzt, so die Ko-Bundessprecherin der Grünen Jugend. Dass "dieses Paket so jetzt auch im Kabinett verabschiedet wurde und natürlich auch unter grüner Zustimmung", findet Stolla daher nicht richtig.
Sie vertritt die Ansicht: "Diese Vorschläge, die jetzt auf dem Tisch liegen, das sind Scheinlösungen. Sie tragen nicht dazu bei, dass die Sicherheit von Geflüchteten steigt und die tragen um ehrlich zu sein auch kaum dazu bei, dass Kommunen entlastet werden."
Ihrer Meinung nach brauche man eine „Politik, die Sicherheit schafft und Menschen sozial absichert“. Damit stellte sich Stolla entschieden gegen den "Rechtsruck" und die Politik, Geflüchtete gegen andere Gruppen der Gesellschaft auszuspielen.
CDU: „Ampel setzt unsere Politik fort – nach verlorenen Landtagswahlen“
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, kommentiert: "Das Bundesinnenministerium übernimmt Forderungen von CDU und CSU und führt sie in ein 'Rückführungsverbesserungsgesetz' zusammen. Ob es die Verlängerung des Ausreisegewahrsams auf 28 Tage ist, die Rückführung auch bei missbräuchlichen Asylfolgeanträgen oder die Ausweisung von Clan-Kriminellen: Die Beamtinnen und Beamten des Innenministeriums führen die Politik von CDU und CSU fort.“
Dabei hätten SPD, Grüne und FDP „ebendiese Politik der Humanität und Ordnung seit Jahren blockiert“.
CDU und CSU hätten schon im Mai ein Gesetz zur Verlängerung des Ausreisegewahrsams auf 28 Tage in den Bundestag eingebracht – „damals gegen den Widerstand der Ampel“, meint Throm: „Erst mussten mehrere Landtagswahlen verloren gehen und die Migrationskrise völlig aus den Fugen geraten, bis Teile der Ampel aus ihren migrationspolitischen Tagträumen erwachen. Bei den Reaktionen der grünen Partei und der SPD sind allerdings Zweifel angebracht, ob diese Politik selbst jetzt eine Mehrheit in der Ampel findet. Zumal ein Kurswechsel ohnehin unglaubwürdig ist, wenn die nächsten Ankündigungen – wie die sofortige Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylmigranten und der schrankenlose Familiennachzug – jeden Versuch einer geordneten Migration konterkarieren.“
Der „ungezügelte Zustrom der Asylmigratio“ müsse „ausgebremst“ werden: „Im Moment kommen zehntausende neue Asylbewerber ins Land – jeden Monat. Über 230.000 neue Asylbewerber waren es in diesem Jahr“, sagt Throm. „Zwei Großstädte, die von den Kommunen zusätzlich aufzunehmen und zu versorgen sind. Diese Größenordnung übersteigt unsere Möglichkeiten zur Integration. Und sie übersteigt auch unsere Möglichkeiten der Rückführung. Daran wird auch das 'Rückführungsverbesserungsgesetz' nichts ändern. Deutschland braucht eine Migrationswende. Unerlaubte Einreisen in unser Land und nach Europa müssen reduziert werden."
Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Foto: Ralphs_Fotos/Pixabay
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