Ende der Atomkraft ist nahe – Gute Idee oder heikel?

Am 15. April 2023 werden letzte Meiler abgeschaltet – Umweltorganisationen jubeln, Wirtschaft ist besorgt

Die „Grünen“ und zahlreiche Umweltorganisationen sind am Ziel einer langen Reise angelangt. Was sie seit den 70er Jahren fordern, wird nun Wirklichkeit: Am Samstag, 15. April, werden die letzten drei betriebenen Atomkraftwerke Isar 2 (Bayern), Emsland (Niedersachsen) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg) abgeschaltet. Dann ist Schluss mit Atomstrom-Produktion – zumindest in bzw. aus Deutschland.

 

Dabei spielten die Kernkraft-Meiler in jüngster Vergangenheit ohnehin nur noch eine kleine Rolle bei der Energieerzeugung: Deutsche Kernkraftwerke erzeugten im Jahr 2021 insgesamt 69,130 Milliarden kWh Strom (brutto). 2021 waren sechs Kernkraftwerke mit einer Bruttoleistung von 8.545 MWe in Betrieb. Die Brutto-Stromerzeugung in Deutschland betrug im Jahr 2021 insgesamt 582,9 Milliarden kWh (2020: 567,7 Mrd. kWh). Der Anteil der Kernenergie daran: 11,9 Prozent (2020: 11,3 Prozent).
Umso geringer war dieser Teil dann in 2022.
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Vornehmlich wird Strom nun durch Erneuerbare Energien (Geothermie, Windräder, Wasserkraft, Photovoltaik, Bioenergie, mehr erfahren) oder auch Kohle erzeugt – letzteres ist zwar ein „Klimakiller“, doch diesen „Preis“ zahlen die regierenden Grünen nun dafür, dass „endlich“ die Atomkraftwerke still gelegt werden. Da schütteln manche Beobachter den Kopf.

Natürlich werden die letzten Meiler nicht geräuschlos vom Netz abgeklemmt. Es ist zwar alles gesagt, aber so kurz vor dem tatsächlichen Aus melden sich die verschiedenen Lager wieder zu Wort.

Wir haben ein paar Stimmen gesammelt...

 

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ARD-Deutschland-Trend: Mehrheit hält Atomausstieg zum jetzigen Zeitpunkt für falsch

Ein überwiegender Teil der deutschen Bürgerinnen und Bürger spricht sich "gegen den Atomausstieg" aus, heißt es im aktuellen DeutschlandTrend für das ARD-Morgenmagazin. Sechs von zehn Befragten (59 Prozent) halten demnach die Entscheidung der Politik für "falsch", lediglich ein Drittel (34 Prozent) für "richtig".

Das sah vor 13 Jahren noch völlig anders aus: Bei der Frage, ob man für einen Ausstieg aus der Atomenergie votiere, befürworteten dies 62 Prozent, nur 32 Prozent waren gegensätzlicher Auffassung, teilt die ARD mit.

 

Zustimmung für das Ende der Atomkraft gäbe es zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich in der Altersgruppe der 18 bis 34-Jährigen (50:39 Prozent), in der Gruppe der mittleren und älteren Jahrgänge überwiege die Ablehnung.

Bei den Anhängerinnen und Anhängern der Parteien werde die Zäsur nach mehr als sechs Jahrzehnten Kernenergie in Deutschland unterschiedlich bewertet: Während bei Parteigänger:innen der Grünen (82 Prozent) und der SPD (56 Prozent) das Aus für die Atomenergie begrüßt wird, wenden sich Anhängerinnen und Anhänger von Unions-Parteien (83 Prozent) und AfD (81 Prozent) nahezu geschlossen dagegen, die Anhänger:innen der FDP (65 Prozent) votieren mehrheitlich gegen einen Ausstieg.

 

Bei einem überwiegenden Teil der Deutschen seien außerdem die Bedenken groß, dass mit der Wende zu mehr klimafreundlich erzeugter Energie auch eine weitere Verteuerung der Energiepreise einhergeht. Zwei von drei Befragten in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen haben sehr große (26 Prozent) oder große Sorgen (40 Prozent) vor einem Anstieg der Energiepreise. Nur ein Drittel sorgt sich wenig (25 Prozent) oder gar nicht (7 Prozent). Es sind zudem lediglich die Anhänger:innen der Grünen, die in der Energiewende mehrheitlich keinen Anlass sehen, sich vor steigenden Energiepreisen zu fürchten.

 

IHK: „Wir sind noch nicht über den Berg"

„Trotz gesunkener Gaspreise bleiben die Energiekosten für die meisten Betriebe in Deutschland hoch", meint Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Zugleich sind wir beim Thema Versorgungssicherheit noch nicht über den Berg."
Das gelte nicht nur mit Blick auf den Winter 2023/24, sondern auch langfristig. "Wir müssen deshalb weiterhin alles dafür tun, das Angebot an Energie auszuweiten und es keinesfalls weiter einzuschränken", warnt Adrian. Deutschland sei auf alle verfügbaren Energieträger angewiesen. "Nur so können wir in den kommenden Monaten Versorgungsengpässe und eine erneute massive Steigerung der Energiepreise vermeiden oder zumindest abmildern."
Das Risiko von Ausfällen oder Einschränkungen der Energieversorgung sei in Deutschland bislang unbekannt gewesen, so der DIHK-Präsident. Es handle sich dabei jedoch um einen "Standortnachteil, der in einem Industrieland durch nichts ausglichen werden kann".

 

Adrian: "Vor diesem Hintergrund setzen weite Teile der deutschen Wirtschaft darauf, einsetzbare Kernkraftwerke bis zum Ende der Krise weiterlaufen zu lassen. Für diese Position gibt es auch in den Gremien der DIHK eine breite Unterstützung."

 

Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert längere Laufzeit

Der BDI fordert einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energie, eine Verlängerung der Laufzeiten der letzten deutschen Atomkraftwerke, um „einen weiteren Zyklus“ und mehr Investitionen in neue Technologien für den Klimaschutz.

Die hohen Energiepreise und wenig verlässliche Aussagen zur Energieversorgung seien ein wesentlicher Standortnachteil für die deutsche Industrie geworden, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. „Es sieht so aus, als würde unser Land diesen Winter einigermaßen gut überstehen.“

 

Nun müssten SPD, Grüne und FDP aber „schnell die Kurve kriegen“: „Die Ampel-Koalition muss schleunigst vom Krisen- in den Gestaltungsmodus wechseln. 2023 muss zum Jahr der Entscheidung werden“, sagt Russwurm. Dafür hat der BDI einige Vorschläge.
Vor allem für die Energiepolitik. Denn zum alten Leid der Industrie wegen Deutschlands Liebe zur Bürokratie oder einer vergleichsweisen hohen Steuerlast kommt jetzt diese eine große Sorge hinzu: Gibt es für die Industrie in Deutschland auch in Zukunft verlässliche Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen? Deutschland gerate hier ins Hintertreffen, warnt Russwurm. In den USA koste dort gefördertes Gas nur ein Fünftel so viel wie Gas in Deutschland. Die Verlagerung von Produktion habe bereits begonnen.

Russwurm forderte mehr Pragmatismus in der Energiepolitik und auch einen klareren Blick auf moralische Fragen. Es sei nicht in Ordnung, wenn Deutschland im eigenen Land Technologien nicht zulasse, aber darauf vertraue, dass sie in Nachbarländern genutzt werden, um Deutschland dann von dort mit Energie zu versorgen. Als Beispiele nannte Russwurm den Import von Strom aus Atomkraftwerken in Frankreich und Tschechien und den Import von Gas, das im Fracking-Verfahren gewonnen wurde, aus den Niederlanden und aktuell auch aus den USA.

 

CDU für Erneuerbare Energien UND Weiterbetrieb der Atomkraftwerke

Die CDU ist zwar auch dafür dafür, die Erneuerbaren Energien auszubauen.
Dazu müssten aber „Anreize verstärkt sowie Verfahren beschleunigt und vereinfacht werden“. Auch die Möglichkeiten der Energieproduktion aus Biomasse „müssen ausgeschöpft werden“

Andererseits meint die Union aber auch: „Ein Weiterbetrieb der drei noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke in Deutschland ist technisch, rechtlich und finanziell möglich. Erforderliche Brennstäbe können – und müssen – bestellt werden.“ Daher sei klar: „Die noch laufenden Kernkraftwerke müssen weiterbetrieben werden, solange dies für die Versorgung notwendig ist.“

 

Andreas Jung, Sprecher der CSU/CSU-Bundestagsfraktion für Klimaschutz und Energie, ergänzt: "Bei der Kernenergie der letzte Tag, bei den Kohlemeilern die letzte Reserve - und das trotz Energiekrise und Klimalücke. So schadet die Ampel dem Klimaschutz und schwächt die Energiesicherheit. Sie stellt mitten in der Krise die Kernkraft ab, mobilisiert bei der Braunkohle aber weiter auch die ältesten Kraftwerke. Könnte bei der Energiekrise wirklich Entwarnung gegeben werden, müssten doch auch die hochgefahrenen Braun- und Steinkohlemeiler zurück in die Reserve. Die aber lässt die Ampel trotz starkem CO2-Ausstoß weiterlaufen. Dabei müsste doch sobald es geht die besonders klimaschädliche Braunkohle als erstes wieder weg. So aber ist dies der dritte Klima-Tiefschlag der Ampel in kurzer Zeit: Klimalücke aufschieben statt Sofortprogramm, Klimaschutzgesetz aufweichen statt beherzigen und jetzt Braunkohle statt Kernenergie. Mit ihren Fehlentscheidungen baut die Ampel eine immer größere Klimalücke auf."

 

Julia Klöckner, Sprecherin der Fraktion für Wirtschaft, findet es "fahrlässig und unverantwortlich, wenn in der jetzigen Zeit sichere Kernkraftwerke endgültig vom Netz genommen werden. Damit wird die Versorgungssicherheit von Wirtschaft und Bevölkerung in Deutschland gefährdet und die Abhängigkeiten unseres Landes werden erhöht. Steigende Energiepreise und mehr klimaschädliches CO2 inklusive. Schon jetzt sind die Energiekosten eine harte Belastungsprobe für die heimischen Betriebe. Die Ampelpolitik wird zum Standort- und Wettbewerbsnachteil. Wenn man die letzten Kernkraftwerke bis mindestens Ende 2024 laufen lassen würde, würde das pro Jahr rund 30 Millionen Tonnen CO2 vermeiden - so viel wie etwa das Kohlekraftwerk Neurath in Nordrhein-Westfalen pro Jahr ausstößt. Die Kernkraft abzuschalten und auf Kohle und den Import von Kernenergie zu setzen, ist an Doppelmoral nicht zu überbieten. Die Ampel-Regierung ist zur klimaschädlichen Kohle-Koalition geworden. Ein Fünkchen Realitätssinn sollte bei der Ampel hoffentlich da sein, sodass sie zumindest für den Reserve-Erhalt sorgt - alles andere wäre vorsätzlich."

 

FDP: "Ausstieg ist ein strategischer Fehler"

Die FDP ist zwar Mitglied der „Ampel-Koalition“, aber bei der Atomkraft nicht ganz auf der Linie der Partner. Die Liberalen wollen Atomkraft nicht ganz ausschließen

Kurz vor der Abschaltung erklärt nun FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur: „Wir müssen wegkommen von einer Energiepolitik, die auf Kante genäht ist.“

Denn: Notsituationen wie die Energieknappheit infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ließen sich nicht voraussagen. Energiesicherheit und auch der Ausstieg aus der Kohleverstromung seien nur zu erreichen, wenn die Kernkraftwerke weiterhin in Betrieb blieben. „In Deutschland haben wir die sichersten Anlagen weltweit. Anstatt sie weiter zu betreiben, setzen die Grünen auf klimaschädliche Kohlekraftwerke. Das ist widersinnig“, kritisierte Djir-Sarai. Er bedauere die Blockadehaltung des Koalitionspartners. „Wir sollten auch die Chancen neuer und sicherer Technologien der Kernspaltung und Kernfusion ergebnisoffen diskutieren”, so der FDP-Generalsekretär.

 

FDP-Präsidiumsmitglied und Bundestagsfraktionschef Christian Dürr forderte außerdem in den ARD-tagesthemen: „Lasst uns doch mindestens nicht sofort mit dem Rückbau beginnen, sondern diese Reserve zumindest erhalten.“ Auch wenn die Energieversorgung mittlerweile wieder stabiler sei, müsse Vorsorge für Krisen getroffen werden. Dürr betonte zudem, dass Kohlekraftwerke aktuell die Grundlast der Stromversorgung gewährleisteten, weil die erneuerbaren Energien noch nicht so weit seien. Das sei klimapolitisch nicht sinnvoll. Daher sollte es eine Kernkraftwerk-Reserve geben, die wieder angeschaltet werden könne, sollte es notwendig sein.

 

„Ich bin der Überzeugung, dass auf absehbare Zeit eine sichere und bezahlbare Stromversorgung ohne Kernenergie gefährdet ist”, äußerte sich auch FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer kritisch zum geplanten Ausstieg. Er ist überzeugt, dass es gute Argumente gibt, die Entscheidung für die Abschaltung der Kraftwerke zu überdenken und forderte: „Ein neuer Stresstest ist auf jeden Fall erforderlich, um das Risiko eines Blackouts auszuschließen.”

  

Und was sagen die Befürworter...?

 

Grüne: „Das Zeitalter sicherer und erneuerbarer Energien beginnt jetzt“

„Der Ausstieg aus Atom ist zugleich der endgültige Einstieg ins Zeitalter der Erneuerbaren. Hier sind wir seit Antritt der Ampel-Regierung erheblich vorangekommen, haben den Turbo beim Ausbau der erneuerbaren Energien gezündet und holen nach, was unter Vorgängerregierungen liegen geblieben ist“, heißt es bei den Grünen

 

„Schon heute erzeugen wir etwa die Hälfte des Stroms in Deutschland erneuerbar, Tendenz steigend. 2030 sollen es 80 Prozent sein. Mit diesem massiven Ausbau günstiger und risikoarmer Energie aus Wind und Sonne sowie dem Aufbau einer klimafreundlichen Wasserstoffinfrastruktur schaffen wir fünf Dinge gleichzeitig: Wir sichern die Energieversorgung. Wir schützen das Klima. Wir machen uns unabhängig von Autokraten wie Wladimir Putin und ihren fossilen Energien. Wir sichern bezahlbare Preise für die Verbraucherinnen und Verbraucher – und zwar dauerhaft, denn fossile Energien werden absehbar teurer werden. Vor allem aber legen wir die Grundlagen für den Erhalt und die Erneuerung der wirtschaftlichen Stärke in einem klimaneutralen Deutschland.

Mit dem Fokus auf Erneuerbare sichern wir als Industrienation unseren Wohlstand und schaffen zukunftssichere Arbeitsplätze. Erneuerbare Energien sind heute schon Standortvorteil und Jobmotor. Bis 2030 produzieren wir 80 Prozent der Energie aus Wind und Sonne, Wasser und Biomasse. Gleichzeitig fokussieren wir auf eine kluge Nutzung der Energie und einen effizienten Umgang.
Die Energieversorgung in Deutschland ist sicher. Atomkraft wird von Wind und Sonne längst in den Schatten gestellt. Schon in den letzten Monaten war der Anteil von Atomstrom marginal und kein wesentlicher Bestandteil der deutschen, sicheren Energie-Infrastruktur mehr. Gemessen an den Herausforderungen sind wir gut durch die vom russischen Angriffskrieg ausgelöste Energiekrise gekommen; Szenarien bis hin zu flächendeckenden Blackouts sind, bei aller Größe der Aufgabe, nicht eingetreten. Für den nächsten Winter sind wir gut aufgestellt.“

 

Bundesverbands Erneuerbare Energie: „Zeitalter der atomaren Energieversorgung ist überkommen“

„Atomkraft ist und bleibt ein Sicherheitsrisiko, wie die umkämpften AKW in der Ukraine und die Warnungen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO aktuell bestätigen. Alte, störanfällige Kraftwerke in ganz Europa sind zudem eine latente Gefahr für die Sicherheit der Bevölkerung, wie Meldungen über Risse und andere Missstände immer wieder zeigen. Die Entsorgung ist auch noch nicht geklärt, der verbleibende Müll bleibt eine jahrtausendelange strahlende Last,“ sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE).

Gerade auch energiewirtschaftlich sei das Zeitalter der atomaren Energieversorgung überkommen. Nicht nur, dass AKW aufgrund der Klimakrise immer öfter Versorgungsprobleme aufgrund fehlenden Kühlwassers mit sich brächten, wie das Beispiel Frankreich immer wieder demonstriere, auch seien inflexible Kraftwerke mit hohen Volllaststunden nicht mehr kompatibel mit den Bedürfnissen der Erneuerbaren Energien und aufgrund deren wachsender Leistung nicht mehr für die Versorgungssicherheit benötigt. Die Analyse des BEE mache deutlich, dass die deutschen Atomkraftwerke in den letzten Jahren zwischen 7.000 und 8.200 Volllaststunden im Jahr liefen. Selbst zu Zeiten negativer Strompreise, in denen schon ein Überangebot an Strom vorhanden war, speisten sie in den letzten sieben Jahren im Durchschnitt mit über 65 Prozent ihrer Nennleistung ins Netz ein.

„Inflexibilität im Strommarkt können wir uns bei wachsenden Anteilen Erneuerbarer Energien nicht mehr leisten. Das ist unwirtschaftlich und hemmend für die Erneuerbaren, denn in Zeiten negativer Strompreise werden Erneuerbare nach jetziger Gesetzesregelung (§ 51 EEG) pönalisiert, obwohl sie oft gar nicht alleinige Ursache dieser Situation sind. Außerdem erhöhen sich die Kosten für den Redispatch. Sollten die drei verbleibenden Kraftwerke weiterhin ins Stromnetz einspeisen, würde dies die Situation für die Erneuerbaren verschärfen“, so Peter.

 

Greenpeace: „Keine Abhängigkeiten mehr von Russland – auch beim Uran“

„Atomkraft ist nicht nur unsicher, sondern auch keine Lösung für die Energiekrise“, meint Greenpeace. „Dass der Atomkraft in Deutschland keine lange Zukunft beschieden war, steht bereits seit 2002 fest. Damals beschloss die rot-grüne Bundesregierung, dass zum einen keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden und weiterhin, dass die Laufzeiten der bestehenden Anlagen auf rund 32 Jahre begrenzt sind. Im Folgejahr ging das Atomkraftwerk Stade vom Netz, zwei Jahre später Obrigheim. Der deutsche Atomausstieg hatte begonnen.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges vor einem Jahr drängt sich insbesondere ein Argument auf: Deutschland hat es zwar geschafft, sich in sehr kurzer Zeit von billigem russischen Gas unabhängig zu machen – allerdings zu einem hohen Preis, den Energiekund:innen noch eine ganze Weile schultern müssen. Doch die Scheinlösung Atomkraft bedeutet keine Freiheit von despotischer Willkür, im Gegenteil: Große Teile der europäischen Atomwirtschaft sind auf Uran aus Russland angewiesen, auch die autokratisch regierten Verbündeten Usbekistan und Kasachstan liefert den Rohstoff an Atomkraftwerke in Europa. Bis zu 50 Prozent des europäischen Bedarfs an Uran werden von diesen Ländern gedeckt. Die Lehre aus dem Nord-Stream-Debakel, jenen Pipelines, die Deutschland mit günstigem Gas aus Russland versorgen sollten, kann nur lauten: Derartige Abhängigkeiten darf die Bundesregierung nicht wieder zulassen.“

 

Deutsche Umwelthilfe: „Atomkraft ist weder sicherer noch kostengünstiger“

„Atomkraft ist und bleibt hochgefährlich und ist die teuerste Form der Energieerzeugung“, meint Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. „Sie trägt weder zur Energiesicherheit noch zum Kampf gegen die Klimakrise bei. Der beschlossene Atomausstieg ist die einzig richtige Entscheidung. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist der sinnvollste Weg für unsere Energieversorgung.“

 

Weiter heißt es: „Der Hoffnung von Atomstrom als Brücke in eine klimafreundliche Zukunft und einem spätestens im Jahre 2045 klimaneutralen Deutschland steht die lange Vorlaufzeit von ungefähr 15 bis 20 Jahren, welche Planung und Bau eines Kraftwerkes benötigen, entgegen. Auch die erneute Inbetriebnahme bereits abgeschalteter Kraftwerke wäre wenig sinnvoll, da Bau, die Modernisierung und Tests für den gesicherten Wiedereinstieg ein umfangreicher Vorlauf erfordern. Darüber hinaus ist ein langwieriges Genehmigungsverfahren vonnöten, welches mit enormem Aufwand einhergeht. Der Gesamtaufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen und wäre darüber hinaus mit Risiken verbunden, da eine längere Atomkraftwerkslaufzeit auch mit höherem Restrisiko für Unfälle einhergeht und noch mehr Atommüll produziert. Außerdem ist Atomkraft entgegen landläufiger Meinung nicht frei von CO2-Emissionen, denn auf den gesamten Lebenszyklus eines Kraftwerks entfallen mindestens das Dreifache an Emissionen wie bei Photovoltaikanlagen mit Silizium-Technologie. Darüber hinaus wird für die Produktion von Energie in Atomkraftwerken Uran benötigt, ein endlicher Rohstoff, der Schätzungen zufolge bei heutiger Nutzung noch ungefähr 20 Jahre reichen wird und beim Abbau eine Gefahr für den Menschen und die Umwelt darstellt sowie Unmengen an radioaktivem Abfall produziert.

Auch die Annahme, dass die Produktion von Atomstrom durch neue Kraftwerke sicherer und günstiger werden würde, ist schlicht falsch. Sicherheitsbedenken, wie beispielsweise die Verunreinigung von Grundwasser durch Radioaktivität, Kernschmelzunfälle oder Kraftwerkskatastrophen durch Flugzeugabstürze sollen durch neue Atomkraftwerksgenerationen aus der Welt geräumt werden. Das Problem dabei ist, dass sich die meisten entweder noch im Konzeptstadium befinden, bereits in der Praxis gescheitert sind oder verkennen, dass Atomkraft eine unbeherrschbare Hochrisikotechnologie ist, die nicht gegen alle Eventualitäten geschützt werden kann. Auch das Endlagerproblem solle mithilfe neuer Atomkraftwerksgenerationen behoben werden, dafür gibt es verschiedene Ansätze in der Forschung. Sie verwenden jedoch entweder das komplex zu beherrschende Kühlmittel Natrium, oder verfolgen einen Ansatz, der die radioaktive Strahlung von Atommüll auf 300 Jahre verkürzt, was weiterhin ein sehr langer Zeitraum ist.

Bei Atomenergie handelt es sich nicht um eine kostengünstige Energiequelle, denn zum einen steigen die Kosten von Atomkraftwerken pro Kilowatt Leistung seit den 1960ern kontinuierlich an und sie wurden jahrzehntelang massiv staatlich subventioniert. Erneuerbare Energien dagegen werden immer günstiger. Zum anderen sind Atomkraftwerke aufgrund der regelmäßig überschrittenen vorveranschlagten Kosten nicht wirtschaftlich. Ob sich das durch neue Atomkrafttechnologien ändert, ist keinesfalls gesichert, da reduzierte Anlagekosten nur Lippenbekenntnisse der Hersteller sind.“

 

BUND: „Ende der zivilen Nutzung der Atomenergie riesiger Erfolg der Umweltbewegung“

Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND erklärt: „Wir haben es geschafft: Die zivile Nutzung der Atomkraft in Deutschland ist Geschichte. Die ausgesetzten Sicherheitsprüfungen und der unnötige Streckbetrieb waren ein hochriskantes Manöver, unter das jetzt ein Schlusspunkt gesetzt wird. Das Aus ist ein Meilenstein auf dem Weg hin zu 100 Prozent Erneuerbare. Damit ist ein gefährlicher Energieträger weniger im System - Kohle muss jetzt folgen.“

Gleichzeitig ist klar: Ein echter Atomausstieg muss auch ein Ende der Brennelemente-Fertigung in Deutschland bedeuten. Angela Wolff, Sprecherin des BUND Arbeitskreis Atom erklärt hierzu: „Das AKW-Aus ist ein riesiger Erfolg und der 15. April 2023 ein großer Feiertag für die Anti-Atom-Bewegung! Spätestens jetzt muss die Bundesregierung aber auch die Schließung der Uranfabriken in Gronau und Lingen einleiten. Es kann nicht sein, dass wir das Atomrisiko in Deutschland abschalten, um es dann weiterhin in alle Welt zu exportieren. Jetzt feiern wir, aber morgen streiten wir weiter für einen kompletten Atomausstieg und eine erneuerbare Zukunft.“
Alexandra Struck, Bundesvorstand der BUNDjugend: „Dass Mitte April das letzte deutsche Kernkraftwerk abgeschaltet werden soll, ist ein beruhigender und überfälliger Schritt. Erreicht haben ihn unermüdliche Anti-Atom-Aktivist*innen über Jahrzehnte. Ausruhen können sie und wir uns aber noch lange nicht: Während die AKWs demnächst stoppen, laufen in Deutschland Zwischenlager, Forschungsreaktoren, Uranfabriken und Brennstabfabriken weiter. Ein Endlager für hochradioaktiven Müll ist noch in weiter Ferne. Ganz zu schweigen von allen weiteren fossilen Energien, deren Stopp mit der aktuellen Regierung nicht absehbar ist."

  

Bericht/Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Foto: Bru-nO/Germany / Pixabay

 


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