
Ernüchternde Bilanz bei Getreideernte: Bauernverband spricht von „Abwärtstrend“
23.08.2024Mit welchen Sorgen die Landwirtschaft zu kämpfen hat
Der Deutsche Bauernverband (DBV) geht in seiner Erntebilanz 2024 von einer „stark unterdurchschnittlichen Getreideernte“ aus. Die 40-Mio.-Tonnen-Marke beim Getreide wird in diesem Jahr mit 39,3 Mio. Tonnen verfehlt: „Damit setzt sich der seit zehn Jahren anhaltende Abwärtstrend der Erntemengen beim Getreide fort“, heißt es in einer Presseerklärung. „Im Vorjahr wurden noch rund 42 Mio. Tonnen Getreide geerntet. Sowohl die Erntemengen als auch zum Teil die Qualitäten haben in einigen Regionen unter den wiederkehrenden und zum Teil sehr starken Niederschlägen massiv gelitten.“
„Ungünstige Wetterbedingungen“
Nach den aktuellen Zahlen liegt die Erntemenge beim Weizen mit 18,0 Mio. Tonnen deutlich unter der des Vorjahres (2023: 21,2 Mio. Tonnen). Aufgrund der „ungünstigen Witterungsbedingungen zur Aussaatzeit im Herbst“ sei die Anbaufläche von Winterweizen in diesem Jahr um rund 330.000 Hektar zurückgegangen, was einer der Gründe für die geringe Erntemenge sei.
Ernteschätzung Getreide und Raps
Aber auch die erneut gesunkenen Hektarerträge spiegeln den Abwärtstrend beim Winterweizen wider. Bei der Wintergerste liegt die diesjährige Erntemenge mit 8,9 Mio. Tonnen ebenfalls unter der Vorjahresmenge von 9,5 Mio. Tonnen. Die Winterrapsernte 2024 liegt mit einem Durchschnittsertrag von 33,8 dt/ha auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie im Vorjahr (33,5 dt/ha). Durch eine geringere Anbaufläche ist zudem die Gesamterntemenge beim Raps auf 3,7 Mio. Tonnen gesunken (2023: 3,9 Mio. Tonnen).
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, erklärt enttäuscht: „Eine extrem nasse Witterung von Herbst bis Frühsommer, fehlende Sonne und schließlich immer wieder Niederschläge zur Erntezeit, die die Mähdrescher häufig ausbremsten – all das hat unsere Bauern in diesem Jahr vor enorme Herausforderungen gestellt. Hinzu kommen teilweise Frostschäden zur Blütezeit bei Raps sowie im Obst- und Weinbau.“
Dies alles seien die „deutlich spürbaren Auswirkungen des Klimawandels“ und Ergebnisse „verfehlter gesetzgeberischer Vorgaben“, so Rukwied: „Um Erträge und Qualitäten auch in Zukunft zu sichern, müssen praxisferne und nicht-praktikable Vorgaben gestrichen werden! Es kann nicht sein, dass Qualitätsweizen nachgefragt wird, wir Landwirte aber aufgrund immer neuer Vorschriften – etwa bei der Düngung – nur noch Futterweizen erzeugen können.“
„Effektiver Pflanzenschutz ist Voraussetzung für gesunde Lebensmittel“
Auch die zunehmenden Einschränkungen beim Pflanzenschutz verschärfen nach Ansicht von DBV-Präsident Rukwied den Ertrags- und Qualitätsrückgang bei Getreide und Raps: „Insbesondere der starke Infektionsdruck bei Pilzkrankheiten in dieser Saison zeigt, wie wichtig es ist, Pflanzen schützen zu können. Effektiver Pflanzenschutz ist eine zwingende Voraussetzung für sichere und gesunde Lebensmittel. Das sogenannte 'Zukunftsprogramm' Pflanzenschutz bietet keine Lösungen für die Herausforderungen, vor denen wir im Ackerbau stehen! Wir brauchen dringend eine Neuausrichtung in der Pflanzenschutzpolitik.“
Herbstkulturen könnten vom Wetter profitieren
Die Herbstkulturen wie Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln sowie Gemüse konnten größtenteils von den Niederschlägen profitieren. Insbesondere die Kartoffeln leiden jedoch stark unter Kraut- und Knollenfäule. Aber auch bei den Zuckerrüben treten neue Krankheiten wie Stolbur oder das Syndrome Basses Richesses (SBR) vermehrt auf. Im Obstbau sind erhebliche Schäden vor allem durch Spätfröste zu verzeichnen und auch hier sorgen Restriktionen beim Pflanzenschutz sowie der Mindestlohn für eine schwierige Gesamtsituation. Beim Wein wird nach ersten Schätzungen über die Anbaugebiete hinweg ebenfalls eine unterdurchschnittliche Menge erwartet.
Weiteres Problem: „Extremer Preisverfall“
Besonders kritisch sieht Rukwied die derzeitige Marktlage: „Der extreme Preisverfall insbesondere an den Getreidemärkten stellt uns Landwirte vor enorme Probleme. In Verbindung mit den hohen Betriebsmittelkosten ist ein wirtschaftlicher Getreideanbau in Deutschland bei dem aktuellen Preisniveau kaum noch möglich!“
Laut Rukwied würden die zahlreichen politischen und gesetzgeberischen Hürden, die den Betrieben in den vergangenen Jahren in den Weg gestellt wurden, die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft zusätzlich einschränken. Hier brauche es dringend ein wirksames Programm zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit, so Rukwied.
Der DBV-Erntebericht ist eine Hochrechnung und basiert auf Meldungen aus den 18 Landesbauernverbänden über die tatsächlich geernteten Flächen und erzielten Erträge.
Quelle: DBV
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