Weichenstellung für die Energiewende: NRW und RWE ziehen Kohleausstieg vor
Aber: Dorf Lützerath ist nicht mehr zu halten
Ist dies nun die entscheidende Wende in der Klima- und Energiesicherheits-Debatte? Für NRW haben sich die Landes- und Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz mit der RWE AG auf eine wegweisende Lösung zur Energiesicherheit verständigt:
Der – mit der Vorgänger-Landesregierung vereinbarte – Kohleausstieg wird um acht Jahre von 2038 auf 2030 vorgezogen. So würden mindestens 280 Millionen Tonnen CO2 eingespart, erklärte dazu die NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne). „Damit rückt das Ziel der Landesregierung – die Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Pfad des Pariser Klimaabkommens auszurichten – ein gewaltiges Stück näher.“
Allerdings müssen die Grünen und Umweltschutzaktivisten einige „Kröte schlucken“...
Zwei Kohlekraftwerke laufen 15 Monate länger – Lützerath „muss“ abgebaggert werden
Wegen des Ukraine-Kriegs und der Schäden an den North Stream-Pipelines erhält Deutschland kaum noch Gas aus Russland. Um die Energieversorgung aber abzusichern und Erdgas im Strommarkt einzusparen, sollen die Kohlekraftwerksblöcke Neurath D und E, die eigentlich zum Ende des Jahres stillgelegt werden sollten, bis zum 31. März 2024 weiterlaufen.
Der Bund kann aber bis Ende 2023 über eine Verlängerung oder die Überführung in eine Kraftwerksreserve bis zum 31. März 2025 zu entscheiden, so der Kompromiss, die unter vielen Grünen sicherlich für reichlich Diskussionsstoff sorgen wird.
Die bittere Pille: Nach wie vor sei es notwendig, die niederrheinische Siedlung Lützerath „abzuräumen“, also abzureißen, um dort die letzten Kohlereserven abzuschöpfen und so die Stromversorgung für die nächsten acht Jahre zu sichern (Titelfoto: Tagebau Gartzweiler).
Mehrere Gutachten im Auftrag der Landesregierung hätten dies bestätigt, sagt die Grüne Ministerin Neubaur: „Die Rechtslage ist eindeutig: RWE hat alle notwendigen Genehmigungen, die Flächen jederzeit zu nutzen. Mit unabhängigen Gutachten hat das Wirtschaftsministerium NRW einen möglichen Erhalt der Siedlung Lützerath prüfen lassen. Ein Erhalt ist weder aus energiewirtschaftlicher oder wasserwirtschaftlicher Sicht noch aus Gründen der dauerhaften Standsicherheit zu verantworten. Auch wenn ich mir es anders gewünscht hätte: Wir müssen anerkennen, dass die Realität eine andere ist und diese Siedlung in Anspruch genommen werden muss.“
Das wird den Klimaschutzaktivisten, die jahrelang für den Erhalt des Dorfes und gegen Kohleverstromung an sich gekämpft haben, sicherlich nicht gefallen. Womöglich hilft dann auch das Argument des Grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck nichts, dass der vorzeitige Kohleausstieg dafür die CO2-Bilanz in Gänze verbessern werde.
Mit weiteren Demos und Protesten dürfte also zu rechnen sein.
Internetseite der Initiative Lützerath Lebt 2022
Habeck drückte bei der Pressekonferenz dem Klimaschutzaktivisten noch seine „Anerkennung“ und seinen „Dank“ aus; jedoch sei eben „kein anderes Ergebnis möglich“ gewesen. Insgesamt sei eine gute Entscheidung für den Klimaschutz getroffen worden.
Immerhin gibt es eine gute Nachricht: Die Menschen in den Dörfern Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath sowie vom Eggerather Hof, Roitzerhof und Weyerhof können aufatmen. Die für 2030 geplante Umsiedlung entfällt.
RWE will „grünes“ Unternehmen werden
„RWE ist bereit, die Braunkohleverstromung 2030 zu beenden und massiv in die Energiewende zu investieren“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der RWE AG, Markus Krebber, bei der Pressekonferenz mit Neubaur und Habeck.
Dazu sind aber viele Fragen zu klären.
Was passiert mit den Beschäftigten und Arbeitsplätzen? Dazu teilt RWE mit: „Während kurzfristig mehr Personal gebraucht wird, um in der Energiekrise zusätzliche Kraftwerke zu betreiben, wird sich der Personalabbau zum Ende des Jahrzehnts deutlich beschleunigen. Das Unternehmen begrüßt, dass der Bund diesen Weg durch gesetzliche Regelungen für die Nutzung des Anpassungsgeldes begleiten will. RWE will den Personalanpassungsprozess an den neuen Stilllegungspfad wie bisher sozialverträglich umzusetzen. Umfangreiche Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen sollen den Anpassungspfad unterstützen."
Und wo soll nun die Energie herkommen, wenn es ab 2030 keinen Kohlestrom mehr geben soll?
RWE will Windkraft- und Solaranlagen und moderne Gaskraftwerke, die „perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden können“, ausbauen.
Dafür sollen global 50 Milliarden Euro brutto, davon 15 Milliarden Euro in Deutschland, investiert werden. Außerdem will sich der Konzern mit rund 3 Gigawatt Kraftwerkskapazität an modernen H2-ready Gaskraftwerken in NRW beteiligen.
Der Bund soll die Rahmenbedingungen für die Investitionen schaffen.
Weitere Infos:
Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Herbert Aust/Pixabay
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