Tarifkonflikt: ver.di ruft zu nächsten Warnstreiks auf – diesmal im Gesundheitswesen
Arbeitgeberverbände: Es drohen Insolvenzen bei Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen
Die dritte Tarifverhandlungsrunde im öffentlichen Dienst steht zwar erst vom 27. bis 29. März auf dem Plan. Doch die Gewerkschaften – federführend ver.di – wollen bis dahin den Druck auf die Arbeitgeber von Bund und Kommunen erhöhen.
Beschäftigte von Krankenhäusern, Psychiatrien, Pflegeeinrichtungen und Rettungsdiensten sollen am Dienstag und Mittwoch, 14. und 15. März 2023, in den Warnstreiks gehen.
Das in der zweiten Tarifverhandlungsrunde vorgelegte Angebot würde „deutliche Kaufkraftverluste bedeuten“, erklärt der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke: „Außerdem fordern die Arbeitgeber auch noch Sonderopfer von Beschäftigten in den Kliniken und der Altenpflege. Unter bestimmten Voraussetzungen sollen diese auf Lohn verzichten, wenn es dem Betrieb wirtschaftlich schlecht geht. Das Ansinnen der Arbeitgeber, über einen Zusatztarifvertag Gehaltskürzungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen zu ermöglichen, ist eine echte Provokation. Ein solches Sonderopfer wird es mit uns nicht geben.“
Die ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler ergänzt: „Das Angebot ist schlicht respektlos. Die Beschäftigten im Gesundheitswesen haben in der Corona-Pandemie alles gegeben, sie waren extremen körperlichen und seelischen Belastungen ausgesetzt. Und zum Dank wollen die Arbeitgeber nun Gehälter kürzen können? Die Kolleginnen und Kollegen werden ihre Empörung auf die Straße tragen.“
Unter dem Motto „Gesundheit ist Gold wert und wir sind es auch“ fordert ver.di 10,5 Prozent, monatlich mindestens 500 Euro mehr Geld. Nachwuchskräfte sollen monatlich 200 Euro mehr bekommen.
Arbeitgeberverbände: „Finanzierung auf Kante genäht – wir wollen keine Einschnitte in der Daseinsvorsorge“
Wolfgang Heyl, Vorsitzender des Gruppenausschusses der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, äußert sich zu den Verhandlungen: „Seit Jahren ist die finanzielle Situation der kommunalen Krankenhäuser auf Kante genäht. Die strukturellen Schwächen der Krankenhausfinanzierung treffen mit den Kostensteigerungen in mittlerweile fast allen Bereichen zusammen. Das erhöht die Gefahr von Insolvenzen. Das ist leider die Realität und liegt auch daran, dass der Investitionsbedarf der Häuser von den hierzu verpflichteten Ländern nur zur Hälfte abgedeckt wird. Wir bekommen die derzeitigen Kostensteigerungen auch nicht einfach mal so refinanziert. Für derart bedrohliche Situationen gab es bis 2020 mit den Gewerkschaften vereinbarte Tarifverträge, nämlich den Tarifvertrag zur Zukunftssicherung der Krankenhäuser (TV-ZUSI) und den TV Soziale Dienste, der den Bereich der Altenhilfe und/oder Altenpflege umfasst. Beide Verträge wollen wir wieder in Kraft setzen, denn sie bilden eine Basis dafür, die wirtschaftliche Zukunft eines Krankenhauses und somit Arbeitsplätze der Beschäftigten zu sichern. Hierbei muss man wissen, dass ein Haus, dem es finanziell gut geht, diese Verträge gar nicht anwenden kann. Nur wenn ein Haus nachweislich notleidend ist, kann es auf dieser Grundlage mit der Gewerkschaft ver.di eine Anwendungsvereinbarung abschließen. Es kann und wird kein Abweichen vom TVöD geben, ohne dass die Gewerkschaften das mittragen. Dass im Nachgang zu unserem Angebot behauptet wird, dass bereits durch das Wiederinkraftsetzen von TV-ZUSI und TV Soziale Dienste den Beschäftigten ein Sonderopfer abverlangt wird, ist schlicht falsch!“
Die KVA wollen daher „am Ende ein Gesamtpaket vorlegen, das weder die Leistungsfähigkeit der Einrichtungen übersteigt noch Einschnitte in der Daseinsvorsorge mit sich bringt“, so Heyl. „Unser am Ende der zweiten Verhandlungsrunde vorgelegtes Angebot enthält die Punkte, die für uns wichtig sind. Das betrifft neben dem Wiederinkraftsetzen des TV-ZUSI und des TV Soziale Dienste, eine Öffnungsklausel, um weitere Zulagen bzw. Zuschläge für Dienste zu ungünstigen Zeiten, das Holen aus dem Frei, Springerdienste etc. zu ermöglichen. Ein weiterer Aspekt, der uns wichtig ist, ist die Verbesserung unserer Möglichkeiten zur Personalgewinnung und Personalbindung. Zugleich haben wir eine Verhandlungszusage zu Praxisanleitungen sowie im Hinblick auf die Ausbildung zur/zum Kranken- und Altenpflegehelferin und -helfer angeboten, womit wir auch hier weitere Anreize schaffen wollen.“
Parallel zu den Verhandlungen mit ver.di stehen am 3. und 4. April 2023 weitere Tarifgespräche mit der Ärztegewerkschaft Marburger Bund an. Diese fordert eine Erhöhung der Entgelte um fast zwölf Prozent. „Ein solcher Tarifabschluss übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der kommunalen Krankenhäuser“, sagt VKA-Vertreter Wolfgang Heyl. „Nicht zu vergessen, dass die Ärztinnen und Ärzte trotz der zuletzt hohen Inflation noch immer Reallohngewinne von mehr als 14 Prozent verbuchen konnten. Fakt ist, wir wollen unseren Beschäftigten in den Kliniken Entgeltsteigerungen zuteilwerden lassen. Das muss aber in einem ausgewogenen Maß geschehen. Wenn die Kliniken Insolvenz anmelden, ist niemandem geholfen. Die stationäre Krankenversorgung muss gesichert sein.“
Bericht/Zusammenstellung: Achim Kaemmerer
Archivfoto: anzeiger24.de
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