Steuerfrei ist nicht unbedingt steuerfrei

Haben Sie Kurzarbeitergeld bezogen? Expertentipp von Steuerberater Ralph Tappert aus Hilden

Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise – ist immer noch besser als Arbeitslosigkeit. So die gängige Meinung, u.a. von Politikern. In der Tat ist das Kurzarbeitergeld ein soziales Instrument, um das andere Länder die Deutschen beneiden.
Doch obacht: „In 2021 kann es ein böses Erwachen geben, wenn Arbeitnehmer ihre Steuererklärung für 2020 einreichen müssen“, sagt der Steuerberater Ralph Tappert aus Hilden.

 

Warum?
Es geht um den so genannten „Progressionsvorbehalt“.
Denn Kurzarbeitergeld kann zu Steuersatzerhöhungen führen – und dann müssen die Betroffenen nachzahlen.

 

Kurzarbeitergeld ist bei der Einkommenssteuerveranlagung mit anzugeben

Ein vereinfachtes Beispiel: Ein Arbeitnehmer verdient im ersten Halbjahr 50.000€, was einen Steuersatz von 20% ausmacht. Dann geht sein Betrieb auf Kurzarbeit. Der Arbeitnehmer bezieht nur noch 60 bzw. 67% seines bisherigen Gehalts in Form von Kurzarbeitergeld im zweiten Halbjahr. Also 30.000€.

Nun werden das erste und zweite Halbjahr addiert = 80.000€.

Die Steuertabelle sagt jetzt: 30% Steuersatz.

Diese 30% werden jetzt auf das normale Gehalt von 50.000€ angewendet, so dass die Steuer nicht mehr 10.000€ (20%), sondern 15.000€ (30%) ausmacht.


Das Kurzarbeitergeld wird also zur Steuersatzerhöhung beim normalen Arbeitslohn herangezogen.
Das Kurzarbeitergeld selbst ist steuerfrei.

 

Bei Bezug von Kurzarbeitergeld aber kann das Finanzamt auf die Idee kommen, eine Steuererklärung einzufordern. Denn das Finanzamt weiß bereits von dem Kurzarbeitergeld durch die elektronischen Meldungen des Arbeitgebers AN DAS Finanzamt.
Berechtigt ist das Finanzamt dazu.

 

Das kann zu unterschiedlichen Effekten führen

Zum Beispiel:

  • Der Arbeitnehmer rutscht nachträglich in eine höhere Steuerprogression, also vielleicht 30% Steuern
  • Bezieht der Arbeitnehmer über das Gehalt hinaus weitere Einnahmen oder Leistungen, etwa Krankengeld, Auslandseinkünfte, Elterngeld, Lohnersatzleistungen etc., so müssen diese nun angegeben werden. Auch das kann dazu führen, dass plötzlich eine Steuernachzahlung fällig wird.
    Heißt aber auch: Wer nur Kurzarbeitergeld und die vorgenannten Einnahmen hat, hat nicht viel zu befürchten.
  • Bei der Zusammenveranlagung mit dem Ehepartner kann es ebenfalls zu Verschiebungen kommen – zu Lasten des Steuerzahlers.

 

Quelle:
§32b, Abs. 1 EStG
§46, Abs. 2, Nr 1 EStG

 

Was kann ein Arbeitnehmer mit Kurzarbeitergeld tun? Eigentlich nicht viel, sagt Ralph Tappert: „Man hängt am Fliegenfänger.“