Flüchtlingsunterkunft Sporthalle Weidenweg: Streit im Stadtrat

20.10.2023

FDP fordert Resolution an Bund: ‚Es reicht‘ – Grüne sprechen von ‚Populismus‘ – CDU will Schule Walder Straße als Alternative

Die Flüchtlings-Situation in den Kommunen – ein sensibles Thema, bei dem die Emotionen hochkochen. Das merkt man nicht nur in so manchen Social Media-Communities, sondern jetzt auch im Hildener Stadtrat bei einer Sondersitzung am 19. Oktober 2023.

Es war teilweise eine hitzige Diskussion.

 

Worum geht’s?

Einen Tag zuvor gab die Hildener Verwaltungsspitze bekannt, dass sie wegen der zunehmenden Zahl an zugewiesenen Schutzsuchenden die Sporthalle am Weidenweg als Unterkunft reaktivieren will. Zeitgleich will die Stadt mit den Eigentümern des brachliegenden Privatgrundstücks Wiederhold-Villa über einen 20-jährigen Pachtvertrag verhandeln, um dort Wohnmodule zu errichten. Wir haben berichtet...

 

Bürgermeister Claus Pommer kündigte außerdem an, dass sich die Stadt am Mittwoch, 25. Oktober 2023, um 18 Uhr bei einer Informationsveranstaltung im Pfarrzentrum Erlöserkirche an der St. Konrad-Allee den Fragen der Bürgerinnen und Bürger stellen werde.

 

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Die aktuelle Situation

Sozialdezernent Sönke Eichner stellte die „dramatischen“ Zahlen vor: Die Stadt hat aktuell Kapazitäten von 867 Plätzen. Davon seien jetzt bereits 815 belegt, u.a. mit Geflüchteten aus der Ukraine und Syrien.

Wöchentlich bekommt die Stadt zehn bis zwölf weitere Personen vom Land NRW zugewiesen. Folgich werden in einigen Wochen die Kapazitäten erschöpft sein. Da es angeblich „keine anderen geeigneten Grundstücke“ gibt, sieht die Verwaltung nur noch die Sporthalle am Weidenweg als letzte Möglichkeit.

 

Die Stätte ist derzeit ohnehin wegen eines Bodenschadens geschlossen. Lediglich für den Judo-Club gibt es ein spezielles Arrangement.

Das tröstet die betroffenen Schulen und Vereine aber nicht, denn: Bis es eine mögliche Einigung zum Wiederhold-Gelände gibt, könnte ein ganzes Jahr vergehen.

Und dann müsste die Sporthalle Weidenweg erst recht saniert werden. Das bedeutet: Die Schulen und Vereine müssten wohl bis 2025 abwarten, um die Halle wieder nutzen dürfen.

 

Dennoch: „Die Schulleitungen und der Stadtsportverband unterstützen uns“, erklärte Sozialdezernent Sönke Eichner. Mit der Sportbeteiligungsgesellschaft (SHB) sollen nun Lösungen und Ausweichmöglichkeiten geschaffen werden, zum Beispiel auch Kooperationen mit privaten Sportstättenbetreibern.

 

Was sagt nun der Stadtrat dazu?

So meldete sich FDP-Ratsherr Rudolf Joseph zu Wort: „Wir wollen nicht, dass die Sporthalle für Schulen und Vereine geschlossen wird. Wir brauchen eine andere Lösung.“ Schließlich hätten die Kinder und Jugendlichen bereits in der Pandemie auf ihren Sport verzichten müssen.

Außerdem fordern die Hildener Liberalen eine Resolution, bzw. einen "Brandbrief" an die Bundesregierung: „Wir haben ein Herz für Schutzsuchende und sind solidarisch, aber: Es ist genug. Es geht nicht mehr“, so Joseph. „Die meisten Flüchtlinge kommen nach Deutschland, weil sie hier Geld statt Sachleistungen erhalten. Wir brauchen auch Unterstützung von anderen EU-Ländern.“ 

 

Helen Kehmeier (Grüne) warf Rudolf Joseph daraufhin "Populismus" vor: „Ich bin entsetzt; so etwas hätte ich von der AfD vermutet. Eine solche Resolution unterstützen wir nicht." Bis Ende des Jahres werden etwa 1.000 Menschen in Hilden angekommen sein. Bei rund 56.000 Einwohnern sei das zu bewältigen: "Was wollen diese Menschen uns wegnehmen?".

Parteikollege Klaus-Dieter Bartel ergänzte, afrikanische Länder und die Türkei hätten noch mehr Menschen aufgenommen, und bei den Flüchtlingen handele es sich auch nicht um „Asylbetrüger“: „Uns geht es gut; wir müssen jetzt mit Einschränkungen leben und können das auch leisten.“

 

Joseph wehrte sich dagegen, "in die rechte Ecke gestellt“ zu werden: Die Kosten für die Unterbringungen steigen, auch im Kreis. Er befürchtet „sozialen Unfrieden“. Das Problem sei nur auf Bundesebene zu lösen.

 

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Claudia Schlottmann (CDU) zeigte sich auch nicht sehr begeistert von der Sporthallen-Schließung. Als Alternative schlug sie die wegen Umbauarbeiten leer stehende Schule an der Walder Straße vor.

Die soll allerdings Anfang 2024 wieder geöffnet werden, wandte Dezernent Peter Stuhlträger ein. Das bedeutet: Die Kinder müssten weiter im Provisorium unterrichtet werden. Außerdem gibt es dort keine Duschen; dafür müssten noch einmal extra Container aufgestellt werden.

 

Unser Fazit

Eine Abstimmung gab es nicht – in einer nächsten Sitzung sollen die Ratsmitglieder der Verwaltung das Mandat für die Verhandlungen mit den Eigentümern des Wiederhold-Grundstücks freigeben.

 

Zurück bleibt das ungute Gefühl, dass es in der Bevölkerung und mittlerweile auch unter den demokratischen Parteien rumort. Nach der "Willkommenskultur" steht die Stimmung und die Hilfsbereitschaft auf der Kippe.

Die Kommunen – nicht nur Hilden – schreien seit Monaten nach Hilfe und fühlen sich von der Bundesregierung alleine gelassen. Anfang November soll es wieder einen "Flüchtlingsgipfel" geben. Eine Einigung zur Entschärfung der Situation muss her, ansonsten droht noch mehr Unmut...

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto/Montage: G.Altmann/Pixabay / anzeiger24.de

 


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