Mobilitätskonzept: Tempo 30 abgelehnt – Was trotzdem noch möglich ist

30.10.2024

Planungsbüro schlägt weitere Maßnahmen für ÖPNV, Kreisverkehre, Radfahrer und Fußgänger vor

Über drei Jahre haben die Stadtverwaltung und das Planungsbüro stadtVerkehr an einem „Mobilitätskonzept“ gewerkelt, dass die Weichen für einen klimafreundlichen Stadtverkehr stellen soll. Wie berichtet, hat eine knappe Mehrheit des Stadtrates – auf Antrag der CDU – den „Kernvorschlag“ auf der Zielgeraden gekippt – nämlich ein nahezu flächendeckendes Tempo 30-Limit auf fast allen Hildener Straßen. Sind damit jetzt drei Jahre Arbeit – und damit verbundene Kosten von rund 190.000 Euro – damit verpufft?

Nicht ganz, denn das Mobilitätskonzept enthält noch zahlreiche weitere Maßnahmen.

 

Breidohr

 

"Rote Liste" und 200 Seiten voller Vorschläge

Der Stadtentwicklungsausschuss am 6. November 2024 und abschließend der Stadrat am 17. Dezember 2024 befassen sich noch einmal mit dem Bericht des Planungsbüros.

„Das (…) beauftragte büro stadtVerkehr weist darauf hin, dass nun das gesteckte Ziel [bzw. der] Modal Split, welcher (…) vom zuständigen Stadtentwicklungsausschuss beschlossen worden ist, nicht mehr gesichert erreicht werden kann“, schreibt das Rathaus in der Abstimmungsvorlage. 

Was aber könnte jetzt noch aus dem Mobilitätskonzept umgesetzt werden?

 

Die Verwaltung verweist u.a. auf eine so genannte „Rote Liste“ mit diversen Vorschlägen, z.B. Kontrollen von halbseitigem Gehwegparken, Aktualisierung des LKW-Leitsystems (SEVAS), Ausbau des ÖPNV (Haltestellen, Beleuchtung, Erschließungen), Gehwegsanierungen, Schul- und Fahrradstraßen, mehr Querungsmöglichkeiten für Fußgänger, neue Routen für den Radverkehr, mehr Abstellanlagen oder die Sanierung des „Roten Weges“ Nordstraße/Augustastraße.
Siehe hier, Seite 167

 

Außerdem empfiehlt das Planungebüro einen Umbau der Kreuzungen Oststraße/Elberfelder Straße sowie Richrather Straße/Baustraße zu Kreisverkehren.

Nicht empfohlen werden dagegen die Kreuzungen Gerresheimer Straße/Grünewald/Kosenberg, Hochdahler Straße/Humelsterstraße/Hagdornstraße, Westring/Schalbruch, Gerresheimer/Berliner Straße, Hagelkreuzstraße/Klotzstraße/Neustraße/Südstraße sowie Hülsenstraße/Im Hock – aus technischen und verkehrsrechtlichen Gründen.

 

Für den ÖPNV schlägt das Planungsbüro u.a. vor

  • die Linie 741 mit dem Gewerbegebiet Giesenheide verbinden
  • Takte erhöhen
  • mehr Schnell- und Metrobusse im Kreis Mettmann und nach Düsseldorf
  • Zuverlässigkeit der S1 erhöhen
  • Betrieb der RE47 wieder aufnehmen
  • S-Bahn-Verbindung über Solingen, Leverkusen bis nach Köln

Also eigentlich Wünsche, die viele Fahrgäste bereits seit Jahren haben. Doch das kann eine Kommune alleine nicht umsetzen.

Dies seien auch keine Maßnahmen des Mobilitätskonzeptes, erklärt die Stadt Hilden unserer Redaktion: "In einem kurzen Exkurs empfiehlt der Gutachter, dass die Stadt entsprechende Aktivitäten der zuständigen Verkehrs- und Aufgabenträger – VRR und Kreis Mettmann – positiv begleiten und unterstützen soll."

 

Für den Autoverkehr hat das Planungsbüro – eigenmächtig, ohne Auftrag, betont die Stadt Hilden – auch Planspiele zur Verlängerung des Ostrings zum Hildener Süden durchgeführt (Seite 145 ff.). Dies könnte die Richrather Straße und Walder Straße entlasten. Allerdings müsste sich die Stadt Hilden mit der Nachbarkommune Solingen abstimmen, und der Ausbau würde einen „massiven Eingriff in den Naturraum“ und zusätzliche Flächenversiegelung bedeuten.

Eine Verlängerung wird daher "nicht empfohlen"

 

Das sind nur einige wenige Beispiele aus diesem knapp 200 Seiten starken Machwerk.

 

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Was fangen Politik und Verwaltung nun damit an?

„Das vorliegende Mobilitätskonzept (…) bietet eine strategische Planungs- und Handlungsgrundlage zur Stärkung und Förderung der künftigen Verkehrs- und Mobilitätsentwicklung für die kommenden Jahre bis zum Ziel Jahr 2035 und darüber hinaus, auch wenn der im Rahmen des Diskussionsprozesses erarbeitete Kernvorschlag (…) nicht mehr in der vorgeschlagenen Form Grundlage des Konzepts ist“, erklärt die Verwaltung abschließend. „Mit den Maßnahmen der ‚Roten Liste‘ (…) lassen sich fundamentale Verbesserungen in der Verkehrssituation der Stadt Hilden erreichen. Die nach einem Beschluss kommenden Arbeitsschritte umfassen eine Prüfung, politische Abwägung und schrittweise Umsetzung der Maßnahmen.“

Ziel sei es nun, damit den Anteils des motorisierten Individualverkehrs (MIV) von 51% in 2021 auf 40 % im Jahr 2035 zu reduzieren.

 

Sollte dieses Maßnahmenkonzept allerdings noch einmal überarbeitet werden, müssen erneut eine Beteiligungsphase von Rat, Bürgerschaft und Verbänden sowie ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden – so ist das mit den Verwaltungsmühlen.

 

Bericht: Achim Kaemmerer

Archivfoto: anzeiger24.de

 


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