„Mit“ oder „wegen“ Covid 19 im Krankenhaus?
29.01.2022Wo ist der Unterschied? Was sagt Gesundheitsminister Lauterbach?
Wenn man die Bevölkerung durch eine solch schwere Krise wie die Corona-Pandemie führen möchte, ist nicht nur Sachverstand notwendig, sondern auch gute Kommunikation. Und wichtig ist dabei, mit transparenten, nachvollziehbaren Zahlen zu agieren. Denn sind Statistiken unscharf, können sich Kritiker der Corona-Schutzmaßnahmen bestätigt fühlen – mal mehr, mal weniger berechtigt.
Ein Beispiel schwelt seit jeher durch die Berichterstattung (auch bei uns): Wie dramatisch ist die Lage in den Krankenhäusern, bzw. auf den Intensivstationen?
Also: Wie viele Patientinnen und Patienten liegen in den Kliniken?
Und vor allem: Liegen sie „mit“ oder „wegen“ Covid 19 dort?
„Ist das wirklich so wichtig?“, fragen sich da vielleicht manche Menschen.
Atemwegserkrankung oder „nur“ Beinbruch?
Nunja, es könnte schon einen Unterschied ausmachen, sollte man meinen: Wenn jemand von Covid 19 befallen, eine Atemwegserkrankung erleidet und dann auf der Intensivstation landet (evtl. sogar beatmet werden muss), dann ist sein Leben höchst gefährdet.
Wenn aber jemand „nur“ mit einem Beinbruch ins Krankenhaus eingeliefert und dabei positiv getestet wird, aber keine Symptome hat – kann man diese Person dann wirklich als „Covid 19-Patienten“ auflisten?
Der Kreis Mettmann macht dies – und das erläutern wir auch stets in unserem täglichen Corona-Report.
Beispiel: Am Freitag, 28. Januar, vermeldete der Kreis Mettmann 55 Personen kreisweit „im Krankenhaus“, gemeint ist „mit“ Covid 19“.
Ein Blick ins Intensivregister der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DIVI) aber zeigt: Am Freitag gab es im gesamten Kreis Mettmann „drei Patientinnen/Patienten“ in intensivmedizinischer Behandlung „wegen" Covid 19.
Man sollte also schon differenzieren.
Natürlich sind selbst drei Patientinnen/Patienten eine schwere Belastung für die Pflegekräfte.
Und nicht vergessen: es gab es auch schon mal über zehn Betroffene auf den Intensivstationen, das kann uns jederzeit wieder blühen…
Lauterbach sieht keinen Unterschied
Das sieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach allerdings ganz anders.
Auf einer Pressekonferenz am Freitag, 28. Januar, hat ihn ein Journalist auf diese Frage angesprochen. Die Antwort (verkürzt zitiert): „Die Unterscheidung ‚mit‘ oder ‚wegen‘ Covid 19 wird nicht getroffen. Wenn ein Patient mit Herzschwäche in die Klinik kommt, kann sich Wasser in der Lunge stauen. Eine sehr gefährliche Situation. Wenn dieser Patient gleichzeitig mit Covid 19 infiziert ist, ist seine Heilungsprognose deutlich schlechter, bzw. die Wahrscheinlich sehr hoch, dass er verstirbt. Daher spielt es keine Rolle, ob ein Patient mit oder wegen Covid 19 im Krankenhaus liegt. Wenn wir die Patienten ‚mit Covid 19‘ aus der Statistik heraus nehmen und nur die Patienten aufführen, die ‚wegen Covid 19‘ im Krankenhaus liegen, wäre das medizinisch Unsinn und absolut unvertretbar."
➤ Das ganze Statement gibt es hier zum nachhören.
DIVI-Präsident Christian Karagiannidis ergänzte (ebenfalls verkürzt zitiert): „Der Trend [der Hospitalisierung] geht wieder nach oben. Das ist der Omikron-Effekt, der jetzt auch auf den Intensivstationen ankommt. Und wenn Sie einen Patienten sehen, der keine Luft kriegt und ihn fragen, ob er ‚mit‘ oder ‚wegen‘ Corona dort liegt, dann springt er ihnen geradeaus ins Gesicht“ (das war natürlich nur bildlich gesprochen).
Man solle daher besser über die Krankheitslast, die Hauptdiagnose und die respiratorische Problemen (Pneumonie, Lungenentzündung) sprechen. Und man müsse noch die Patienten berücksichtigen, die wegen anderer Krankheiten auf den Intensivstationen landen und zusätzlich versorgt werden müssen.
➤ Das komplette Statement hier zum nachhören.
Außerdem, so ergänzte Karagiannidis im späteren Verlauf der PK, müssten ja auch die Patienten "mit" Corona auf den Normalstationen isoliert werden. Das heißt: es werden dafür zusätzliche Kapazitäten benötigt, was wiederum das System belastet.
Gut, dass wir das jetzt wissen.
Dennoch: Wir behalten unsere Praxis bei und geben weiterhin bei unserem Corona-Report beide Daten an. Wir halten das für transparenter...
Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Viki_B/Pixabay
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