Keine Covid-Impfpflicht – aber doch ein „sanfter Druck“…?

06.12.2020

Fluggesellschaft fordert Impfnachweis – Ärztepräsident fordert hohe Impfbereitschaft

Sind die Impfstoffe gegen die Covid 19-Erkrankung der Heilsbringer? Zumindest wird dieser Eindruck von den Bundes- und Landesregierungen sowie vielen Medien vermittelt.

Mitte/Ende Dezember will der Staat gerüstet sein für den Ansturm der Impfwilligen – wobei zunächst „vulnerable Gruppen“, medizinisches Personal und andere „systemrelevante“ Menschen die Möglichkeit zur Impfung bekommen sollen. Alle anderen müssen sich wohl noch mehrere Monate gedulden.

 

In unserer Community gibt es allerdings immer wieder kritische Anmerkungen – ist das Serum wirklich schon ausgereift genug für eine Massenimpfung?
Jeder Mensch kann selbst entscheiden, ob er/sie sich impfen lässt oder nicht. „Es wird keine Impfpflicht für Covid 19 geben“, betont immer wieder Gesundheitsminister Jens Spahn.

 

Dann ist ja alles gut – wer will, lässt sich impfen, oder eben auch nicht.


Doch ist das so einfach?

Oder werden die Impf-Skeptiker durch äußere Umstände und „sanften Druck“ doch zur Verabreichung „bewegt“?

 

Ein paar Beispiele:

 

Medien berichten, dass die australische Fluggesellschaft Quantas für interkontinentale Flüge nur Passagiere mit Covid 19-Impfnachweis zulassen will.
Die meisten von uns wird das nicht betreffen. Aber: was ist, wenn andere Unternehmen nachziehen? Werden dann vielleicht auch Eventveranstalter, Gastronomen, Sportstudios etc. diesem Beispiel folgen? Das würde einerseits Kunden und Besucher abschrecken, die jetzt so schmerzlich vermisst werden. Andererseits würde es mehr Sicherheit bieten.

 

Und was ist, wenn gar eine Corona-Schutzimpfung als Einstellungs- oder Beschäftigungsvoraussetzung für "systemrelevante" Berufe (Pfleger/innen oder Erzieher/innen) eingeführt wird? Was machen die Betroffenen, wenn sie skeptisch gegenüber dem neuen Impfstoff sind?

 

Frank Ulrich Montgomery, Präsident des Weltärztebundes, macht sich für eine Impfpflicht stark: "Wenn der Impfstoff da ist, haben wir alle eine Chance, aber wir müssen sie auch ergreifen", mahnte er beispielsweise am 30. November bei WDR2. "Nur wenn sich möglichst viele impfen lassen, verliert diese Epidemie wirklich ihren Schrecken." Würden schätzungsweise 40 Prozent der Betroffenen die Impfung verweigern, "bleiben am Ende in Deutschland 30 Millionen Menschen übrig, die nicht immun sind, die das Risiko der Erkrankung mit sich herumtragen und dann werden wir weiter Masken, Abstandsregeln, Hygieneregeln brauchen", sagte er in dem Interview.
Damit hat er sicherlich recht: Wenn nicht genug Menschen mitziehen, nützt die ganze Aktion nicht – ähnlich wie bei der Corona-Warn-App.

Aber: Sind solche Aussagen dann nicht eine suggestive Aufforderung – quasi eine „Impfverpflichtung durch die Hintertür“?

 


Was sagt die Regierung?

Wir haben nachgefragt – beim Bundesgesundheitsministerium:
Sollen - in Deutschland - Unternehmen (Geschäfte, Dienstleister, Gastronomen etc.) selbst entscheiden dürfen, ob sie Kunden nur mit Impfpass bedienen wollen, oder will die Regierung das per Gesetz/Verordnung regeln, damit es nicht zu ei-ner "Spaltung" kommt?

 

Das Gesundheitsministerium verweist auf die Zusage von Minister Spahn, dass es „keine Impfpflicht“ geben werde. Zu rechtlichen Fragen mögen wir bitte das Bundesjustizministerium fragen.

 

Haben wir gemacht. Auch dort will oder kann man sich noch nicht festlegen: „Die Beantwortung der angesprochenen Fragestellungen hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, über die zum jetzigen Zeitpunkt noch keine verlässliche Aussage getroffen werden kann. Dies gilt insbesondere für die Frage, in welchem Maße eine Impfung nicht nur die geimpfte Person vor einem Ausbruch der Krankheit schützt, sondern auch andere Personen vor einer Ansteckung. Ein weiterer Gesichtspunkt sind die generellen Infektionsschutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz, die in den genannten Bereichen zu diesem Zeitpunkt gelten werden.“

 

Was sagt der Ethikrat?

Bleibt noch der Deutsche Ethikrat als Orientierung. In einem Positionspapier wird folgende Empfehlung ausgesprochen:

„Den Ausgangspunkt bildet die Selbstbestimmung (‚Autonomie‘) jedes Einzelnen. Impfungen setzen prinzipiell eine aufgeklärte, freiwillige Zustimmung voraus. Eine undifferenzierte, allgemeine Impfpflicht ist deshalb auszuschließen. Wenn überhaupt, ließe sich eine Impfpflicht nur durch schwerwiegende Gründe und für eine präzise definierte Personengruppe rechtfertigen. Dies beträfe insbesondere Mitarbeiter*innen, die als potenzielle Multiplikatoren in ständigem Kontakt mit Angehörigen einer Hochrisikogruppe sind, wenn nur durch eine Impfung schwere Schäden von dieser Personengruppe abgewendet werden könnten. Die dazu erforderlichen legislativen Festlegungen und deren konkrete Anwendung müssten zudem im Lichte der sich weiterentwickelnden Kenntnislage zu Wirk- und Risikoprofilen der neuen Impfstoffe getroffen und überprüft werden. Insofern käme eine bereichsspezifische Impfpflicht im Kontext von Impfstoffen gegen COVID-19 insbesondere erst dann in Betracht, wenn eine zeitlich ausreichende Beobachtung der Wirkweise des Impfstoffs stattgefunden hat. Zugleich ist der ethische Grundsatz der Nichtschädigung bzw. des Integritätsschutzes berührt.“

 

Das ganze Dokument hier zum nachlesen.

 

Noch kann oder will also niemand eine eindeutige Antwort liefern. Dafür ist es vielleicht noch zu früh.
Also gilt wie immer: Wachsam und gesund bleiben!


Text: A. Kaemmerer
Foto: Pete Linforth/Pixabay

 

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