Infektionsschutzgesetz: Was steht drin, was ist umstritten?
Ausgangssperre, Schu- und Geschäftsschließungen, Homeoffice-Pflicht
Trotz aller Widerstände und verfassungsrechtlicher Bedenken hat der Bundestag am Mittwoch, 21. April, die umstrittene Novellierung des Infektionsschutzgesetzes, §28b verabschiedet. Es ermächtigt die Bundesregierung zu einer „bundesweit einheitlichen Steuerung des Infektionsschutzes“, ohne dass die Länder eigene Änderungen vornehmen können. Am Donnerstag hat der Bundesrat den Beschluss bestätigt.
Die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD begründen die scharfen Maßnahmen mit der dramatischen Situation auf den Intensivstationen. Außerdem habe es 80.000 Todesfälle in Verbindung mit Covid 19 gegeben.
Worum geht es?
Wörtlich heißt es im Bericht der Bundesregierung: „Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100, sollen künftig bundeseinheitliche Regelungen greifen.“
Das trifft auf jeden Fall auf den Kreis Mettmann zu (die aktuelle Lage...); daher greift ab dem 24. April 2021 die Notbremse.
Was gilt nun, wenn das Gesetz in Kraft tritt?
Zusammenkünfte und Ausgangsbeschränkung
Teilweise gelten dann die Regeln, die es schon teilweise in den Coronaschutzverordnungen der Länder gibt – nur eben jetzt bundeseinheitlich verbindlich.
Private Zusammenkünfte sind nur für Angehörigen eines Hausstandes und maximal eine weitere Person erlaubt. Ausgenommen dabei sind Kinder unter 14 Jahren.
Auch die umstrittene Ausgangsbeschränkung wird nun beschlossen. Zwischen 22 bis 5 Uhr soll niemand mehr seine Wohnung verlassen dürfen.
Ausnahmen gibt es u.a.
- für abendliche Spaziergänger oder Jogger bis 24 Uhr, sofern sie alleine unterwegs sind
- zur Berufsausübung
- zur Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum
- Versorgung von Tieren, also beispielsweise Gassigehen.
-
zur Ausübung der Berichterstattung durch Vertreterinnen und Vertreter von Presse, Rundfunk, Film und anderer Medien
-
bei der Wahrnehmung des Sorge- oder Umgangsrechts
-
bei der unaufschiebbaren Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen oder Minderjähriger oder der Begleitung Sterbender,
Oppositionsfraktionen wie die FDP haben gegen die Ausgangsbeschränkung protestiert. Die Liberalen sehen die Freiheitsrechte noch stärker einschränkt. Außerdem gäbe es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine Ausgangssperre die Infektionen wirklich eindämme. Daher kündigt die FDP eine Verfassungsbeschwerde an.
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Öffnung von Geschäften, Gastronomie und Freizeitstätten
Untersagt bleibt die Öffnung von Freizeiteinrichtungen, Museen, Kinos, Theatern u.ä.
Gaststätten dürfen Speisen und Getränken weiterhin nur ausliefern oder zum Mitnehmen anbieten.
Hotels und Gasthäuser dürfen weiterhin keine Übernachtungsmöglichkeiten anbieten.
Geöffnet bleiben dürfen der Lebensmittelhandel inkl. Direktvermarktung, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte.
Alle übrigen Einzelhandelsgeschäfte dürfen nur click&collect anbieten; allerdings ist bis zu einer Inzidenz von 150 (an drei aufeinander folgenden Tagen) Terminshopping (click&meet) bei Vorlage eines aktuellen Negativ-Tests möglich.
Im Dienstleistungsbereich darf alles, was nicht ausdrücklich untersagt wird, geöffnet bleiben, also beispielsweise Fahrrad- und Autowerkstätten, Banken und Sparkassen, Poststellen und ähnliches.
Körpernahe Dienstleistungen
Medizinische, therapeutische, pflegerische oder seelsorgerische Dienstleistungen sind zulässig.
Dazu zählen auch der Friseurbesuch und Fußpflege - allerdings nur, wenn die Kundinnen und Kunden einen tagesaktuellen negativen Corona-Test vorlegen können – und natürlich nur mit Maske. Andere körpernahe Dienstleistungen sollen nicht mehr möglich sein. Weitere Infos gibt es hier...
Distanzunterricht in Schulen und Bildungseinrichtungen
Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, außerschulische Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnliche Einrichtungen müssen ab einem Inzidenzwert von 165 den Präsenzunterricht einstellen.
Ausnahmen sollen für Abschlussklassen und Förderschulen möglich sein.
Ursprünglich wurde der Inzidenz-Schwellenwert auf 200 angesetzt. Viele Eltern konnten nicht nachvollziehen (u.a. in unseren Facebook-Gruppen), warum Schulen erst ab 200 zum Distanzunterricht wechseln müssen, während Geschäfte bereits ab 100 schließen müssen. Also haben sich die Fraktionen auf 165 geeinigt – sie sollen sich dabei am Durchschnittswert vom Montag orientiert haben.
Dieser Kompromiss ist wieder Nährstoff für die Kritiker, die Zweifel am Sinn von Inzidenzwerten als Maßstab für politische Entscheidungen solcher Tragweite äußern. Es geht also nicht um wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern um politische Lösungsfindungen ("Wurde das ausgewürfelt?", fragen einige Oppositionspolitiker). Doch die haben erhebliche Auswirkungen auf das Leben vieler Menschen…
Bundeseinheitlich beschlossen ist zudem die Anordnung, dass sich Schüler und Lehrer zweimal wöchentlich auf das Coronavirus hin testen lassen, um am Präsenzunterricht teilnehmen zu dürfen. In NRW gilt diese Regel bereits seit dem Schulstart nach den Osterferien.
Viele Eltern protestierten in den vergangenen Tagen über die Testpflicht, weil sie das ständige „herumstochern“ von Messstäbchen in den Nasen ihrer Kinder als Verletzungsrisiko und psychische Belastung sehen.
Und die Landesschüler*innenvertretung NRW sieht es als „Menschenrechtsverletzung“ an, dass Schülern das Recht auf Bildung verwehrt werde, wenn sie sich einem Test verweigern.
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Homeoffice-Pflicht
Im Bericht des Bundestages heißt es wörtlich: „Beschäftigte sollen im Homeoffice arbeiten müssen, wenn ihnen dies möglich ist. Gründe, dass es nicht möglich ist, können räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichende technische Ausstattung sein. Arbeitgeber sollen gegenüber der zuständigen Behörde darlegen müssen, weshalb Homeoffice nicht möglich ist, wenn die Behörde dies verlangt.“
Ein Gutachten des Verband der TÜV e.V. weist allerdings darauf hin, dass dauerhaftes Homeoffice zu psychischen und körperlichen Beschwerden führen könne. Warum, das erklären wir hier…
Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Gerd Altmann/Pixabay
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