Flüchtlingsunterkunft Hofstraße: Überraschende Kehrtwende im Rathaus
19.09.2024Bürgermeister Claus Pommer setzt das Projekt vorerst ab: „Situation neu bewerten“
Es war eine hitzige Diskussion. Und nun kommt eine überraschende Kehrtwende aus dem Rathaus: „Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen auf Bundes- und Landesebene in Folge der tragischen Ereignisse in unserer Nachbarstadt Solingen habe ich entschieden, die Vorlagen zum Neubau einer Flüchtlingsunterkunft an der Hofstraße (Foto oben von einer Demo im April 2024) und zum alternativen Erwerb eines Hotels vorläufig zurückzustellen“, verkündete Bürgermeister Claus Pommer am Donnerstagmorgen, 19. September 2024. „Diese Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, denn die Bedürfnisse von geflüchteten Menschen, die Schutz und eine Perspektive auf Integration suchen, sind und bleiben uns – meinen Mitarbeitenden und mir – ein großes Anliegen.“
Wie kommt es dazu?
Veränderte Rahmenbedingungen: „Keine verlässlichen Zahlen“
Die Änderungen in der Asylpolitik werden auch Auswirkungen auf die Kommunen haben, heißt es weiter: „Es ist absehbar, dass in den kommenden Monaten möglicherweise weniger Menschen als zuvor prognostiziert nach Hilden kommen werden“, sagt Pommer. „Da es derzeit keine verlässlichen Zahlen zur weiteren Entwicklung der Zuweisungen gibt, müssen wir die Situation fortlaufend neu bewerten.“
Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben, betont Pommer weiter: Sobald die „Lage klarer ist und wir eine fundiertere Grundlage für weitere Entscheidungen haben“, könnten die Vorhaben wieder aufgegriffen werden.
Was ist mit den anderen Unterkünften?
Sporthalle Weidenweg bleibt bis Sommer 2025 Unterkunft – Provisorien "so lange wie möglich erhalten"
Die Sporthalle Am Weidenweg wird allerdings noch mindestens bis zum Sommer 2025 nicht für Schul- und Vereinssport nutzbar sein. Das hat uns die Stadt Hilden bestätigt.
Die anderen derzeitigen Unterkünfte allerdings werden in wenigen Jahren „ausgedient“ haben.
Das geht aus einem Antwortschreiben des Rathauses auf eine Anfrage der Grünen hervor: „Mittelfristig ist es aus Sicht der Verwaltung sinnvoll und wirtschaftlich, die Unterkünfte Herderstr. 33, 35, Beckersheide 12 und Schalbruch 31a stillzulegen und zurückzubauen.“
Denn diese Gebäude wurden zunächst nur „kurzfristig“ und als „Provisorien“ erstellt, aus heutiger Sicht aber ist „die bauliche und energetische Qualität ebenso wie die ‚Wohnqualität‘ mangelhaft“, heißt es weiter.
Noch bleibt ein bisschen Zeit: Als Restnutzungsdauer sind angesetzt:
- Herderstraße (dort leben derzeit, Stand 11. September 2024, rund 90 Personen) bis zum 30. April 2027
Update: Auf der Vorfläche des Grundstücks Herderstraße 35 sollen neue Miet-Container gebaut werden, teilte uns die Stadt Hilden mit. - Beckersheide (ca. 110 Menschen) bis zum 31. Januar 2027
- Schalbruch (ca. 105 Menschen) bis zum 30. Juni 2026.
Dazu erklärt Bürgermeister Pommer in seinem Statement: „Ich werde die Verwaltung beauftragen, die provisorischen Unterkünfte möglichst noch länger zu erhalten und die hierfür notwendigen Mittel bereitstellen lassen. Sollten wir darüber hinaus zusätzliche Plätze benötigen, kann möglicherweise auf den erarbeiteten Plänen und Vorleistungen für das Projekt Hofstraße aufgesetzt werden.“
Pommer: „Sorgen ernst nehmen und geflüchteten Menschen eine Perspektive auf ein menschenwürdiges Leben bieten“
„Wir sind uns der Verantwortung sowohl gegenüber den geflüchteten Menschen als auch gegenüber der Hildener Bevölkerung – gerade auch mit Blick auf unsere schwierige Haushaltssituation – bewusst“, sagt Bürgermeister Pommer abschließend. „Unsere Aufgabe ist es, mit Umsicht und Weitsicht zu handeln. Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger nehmen wir ernst und wägen sie verantwortungsvoll ab. Gleichzeitig ist es unsere Pflicht, den geflüchteten Menschen, die bei uns Schutz suchen, eine Perspektive auf ein menschenwürdiges Leben zu bieten. Diese Entscheidung basiert auf den aktuellen Rahmenbedingungen. Ich sehe es als meine Verantwortung, die Entwicklungen im Land aufmerksam zu verfolgen und unsere Planungen entsprechend anzupassen. Dies tue ich hiermit.“
Bericht: Achim Kaemmerer
Archivfotos: anzeiger24.de / Stadt Hilden (Portrait Pommer)
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