Bürger vor dem Rathaus zwischen Ratlosigkeit und Fassungslosigkeit
09.10.2024Hilden ist in Finanznöten. In den kommenden drei Jahren droht ein Minus von 60 Millionen Euro. Da heißt es, rechtzeitig gegenzusteuern. Die Entscheidungen werden nicht einfach. Deshalb möchte die Stadt die Bürger bei ihren Überlegungen „mitnehmen“. Seit gestern ist eine Online-Umfrage freigeschaltet, unter der Bürger ihre Meinung „kundtun“ können. Die Umfrage ist anonym – dazu später mehr.
Erster Frageabschnitt erfordert Zwangseingaben
Die Umfrage beginnt mit 9 Fragen, von denen aus technischen Gründen keine übersprungen werden kann. Die Stadt gliedert das öffentliche Leben in 14 Bereiche von Bürgerbüro bis öffentlicher Personennahverkehr. Nun muss (!) man sich für eine Reihenfolge der Wichtigkeit entscheiden. Wer sich z.B. weder für Jugendeinrichtungen noch Seniorenarbeit interessiert, muss hierfür trotzdem eine Wertung abgeben, sonst geht’s nicht weiter. Und so könnten dann Lebensbereiche eine Abwertung bekommen, nur weil sich Bürger gar nicht dafür interessieren.
Wofür würden Bürger mehr Geld ausgeben (wollen)?
Im nächsten Abschnitt möchte die Stadt wissen, für welche Leistungen Bürger bereit wären, zukünftig tiefer in die Tasche zu greifen. Fünf Möglichkeiten stehen zur Auswahl: Beiträge (Kita …), Kulturangebote (Theater …), Sportanlagennutzung, Gemeindesteuern oder Parken. Auch hier muss sich der Bürger mit einer Gewichtung von 1 bis 5 letztlich für eine Erhöhung aller Leistungen entscheiden. Wer also nur für eine Erhöhung von Steuern wäre, kann das zwar an Nummer 1 positionieren, müsste aber die weiteren Leistungen auf die Plätze 2 bis 5 setzen.
Die Umfrage wird vermutlich keine vernünftigen Ergebnisse bringen
Weiter geht es mit Fragen zur Infrastruktur, Leistungen im Bereich von Kitas und Schulen, kulturellen Einrichtungen, dem Bereich Sport und dem öffentlichen Personennahverkehr. Das Thema Flüchtlinge und Migration kommt indes mit keinem Wort zur Sprache. Es ist schwer verständlich, wie die Stadt aus den Ergebnissen dieser Umfrage Erkenntnisse für ihre Haushaltsberatungen gewinnen will. Es werden ja keinerlei demographische Merkmale abgefragt. Wenn also zweihundert Mütter an der Umfrage teilnehmen würden, sähen die Ergebnisse sicherlich signifikant anders aus als bei 200 Senioren. Vielleicht hätte die Stadt nur diese einzige Frage stellen müssen:
Nach alledem ist es vielleicht kein Wunder, dass sich Stefan R. (Name der Redaktion bekannt) die Frage gestellt hat: Ist die Online Umfrage der Stadt Hilden eigentlich „gaga“?
Und es stellt sich die Frage: Ist die Umfrage wirklich anonym?
Auf jeder Seite der Umfrage erscheint der Hinweis:
Doch eins ist merkwürdig. Ruft ein User, z.B. nach einem Abbruch der Umfrage, die Seite erneut auf, ist die Umfrage nicht mehr erreichbar. Gleiches gilt für Teilnehmer in einem Netzwerk. Hat ein Mitarbeiter in einer Firma die Fragen beantwortet, kommen alle anderen Kollegen nicht mehr ins System. Offenbar werden die IP-Adressen der User gespeichert. Ist das dann noch anonym?
Bericht: Walter Thomas
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