1,5 Meter Sicherheitsabstand zum Radfahrer – wie soll das gehen?

05.03.2020

Bundesregierung beschließt gesetzliche Mindestdistanz. Doch sind die Straßen breit genug?

Wer mit dem Fahrrad durch Hilden düst, kennt die Probleme: zu wenig Radfahrstreifen, zu enge Straßen – und oft das mulmige Gefühl, die motorisierten Verkehrsteilnehmer im Nacken zu haben.

Der Gesetzgeber will den Radfahrern etwas mehr Sicherheit verschaffen – zumindest theoretisch: der Bundesrat hat am 14. Februar 2020 die Novelle der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verabschiedet, die mehrere Änderungen und Bußgeld-Reformen bei Verstößen im Straßenverkehr vorsieht – darunter die Neuregelung beim Sicherheitsabstand zu Radfahrern.

Bisher galt: Autofahrer haben einen „ausreichenden Seitenabstand“ zu Radfahrern einzuhalten. Dieser Mindestsicherheitsabstand wird nun auf 1,5 Meter innerorts und 2 Meter außerorts festgeschrieben.

 

Diese Regelungen sollen „schnellstmöglich in Kraft treten“, erklärt das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage von anzeiger24.de.
Dazu sagt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer: „Mit unserer StVO-Novelle machen wir unsere Straßen noch sicherer, klimafreundlicher und gerechter! Wir machen das Radfahren sicherer.“

 

Klingt erst einmal beruhigend, aber: Wie realistisch ist die Umsetzung im Alltag?

 

Nehmen wir ein paar Rechenbeispiele:

Ein Fahrrad nimmt eine Breite von etwa 0,70 Metern ein. Mit etwas Abstand zum Straßenrand beansprucht ein Radfahrer also 1 – 1,50 Meter vom Fahrbahnrand.

Ein moderner PKW ist mindestens 2 Meter breit, ein SUV sogar bis 2,20 Meter. Würde er den Mindestabstand beim Überholen eines Radfahrers einhalten, werden schon einmal rund 5 Meter von einer Fahrspur beansprucht. Ein LKW und ein Bus sind jeweils etwa 2,55 Meter breit – nehmen also noch mehr „Platz weg“.

 

Fahrrad-Auto-Mindestabstand-StVO-Novelle-Radfahren-Strasse

Ohne zu messen kann man hier schon sehen: das wird ganz schön eng, wenn der Autofahrer 1,5 Meter Abstand halten soll...


Wir haben einmal beispielhaft die Straßenbreiten einiger Hildener Straßen gecheckt (Quelle: GeoPortal der Stadt Hilden).

  • Gerresheimer Straße – Knapp 12 Meter Breite im Bereich Altes Helmholtz, knapp 13 Meter am Schulzentrum, knapp 15 Meter im Kreuzungsbereich Richard-Wagner-Straße. Der Radfahrstreifen
  • Klotzstraße – ca. 11 Meter zwischen Robert-Gies-Straße und Neustraße – ohne Radweg
  • Richrather Straße – ca. 12 – 14 Meter zwischen Talstraße und Uhlandstraße
  • Hoffeldstraße – ca. 10 – 13 Meter, auf einer Seite parken die Autos
  • Heiligenstraße – ca. 7 Meter, inkl. parkender Fahrzeuge
  • Hagelkreuzstraße – ca. 10 Meter
  • Verbindungsstraße – ca. 10 – 11 Meter, auf beiden Seiten parkende Autos


Doch auch ohne zu messen wird allein schon mit dem bloßen Auge klar: das wird ganz schön eng! Wie soll da ein LKW ordnungsgemäß an einem Fahrrad vorbei fahren, wenn ihm gleichzeitig ein Bus entgegen kommt?

 

Fahrrad-Auto-Mindestabstand-StVO-Novelle-Zollstock-messen

 

Und was passiert nun bei Verstößen? Dazu antwortet uns das Bundesverkehrsministerium: 

"Verstöße gegen die Verkehrsregeln sind in aller Regel Ordnungswidrigkeiten. Die Bemessung der Geldbußen erfolgt gemäß § 17 Abs. 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.
Für besonders häufig vorkommende Verkehrsverstöße sind in der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) Regelgeldbußen vorgesehen.
Ist ein Verkehrsverstoß gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, so wird nur das Strafgesetz angewendet (§ 21 Abs. 1 Satz 1 OWiG). Hier kommen alle einschlägigen Straftatbestände in Betracht.
Die Überwachung und Ahndung von Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften obliegt nach Artikel 83 und 84 GG den Ländern." 

 

Mehr über die StVO-Novelle: Haltverbot auf Schutzstreifen, unerlaubte Nutzung einer Rettungsgasse und weitere Maßnahmen: Bußgelder für mehr Verkehrssicherheit etc.

Text: A. Kaemmerer
Fotos: B. Lyko 

 

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