Zwischen Medikamtenknappheit, Bürokratiehürden, Digitalisierungsauflagen und Fachkräftemangel

Apothekerin Dr. Ulrike Peterseim möchte trotz der vielen Widrigkeiten positiv bleiben

 

Soviel Protest seitens der Apotheken wie in diesem Jahr, hat es in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht gegeben: An zwei Protesttagen schlossen viele Arzneiausgabe-Geschäfte für jeweils einen Tag ihre Türen, um ein deutliches Zeichen zu setzen, dass auch die „Apotheken am Limit“ sind. Eine Formulierung, die in sämtlichen Zeitungen zu lesen war, die auf Werbebannern ins Auge stach und auch in den Schaufenstern der teilnehmenden Apotheken klare Kante zeigte. 

 

Auch die Apothekerin Dr. Ulrike Peterseim hatte sich den Protestaktionen angeschlossen. Sie führt vier Apotheken in Haan: Die Adler, die Elefanten, die Schwanen und die Bergische Apotheke. Zweifelsohne steht in den Apotheken Dr. Peterseim der Mensch im Vordergrund. Hoch technisiert werden diese von gut ausgebildeten Mitarbeitenden bedient, die die Kunden zu rezeptpflichtigen und frei verkäuflichen Arzneimitteln und Apothekenprodukten beraten. 

 

Doch die Zeiten haben sich geändert: Auch die Haaner Apotheken von Dr. Peterseim sind von den aktuellen Problemen betroffen. Nicht mehr lieferbare Medikamente, die vergebliche Suche nach qualifiziertem Fachpersonal der sprichwörtliche Schuh drückt in der Realität an vielen Stellen.

 

Wichtige Medikamente sind inzwischen zum Teil Mangelware geworden, unterstreicht Dr. Peterseim erneut am Beispiel der Schwanen-Apotheke. „Stand heute (8. Dezember 2023) haben wir 573 Defekte, das sind nicht lieferbare Arzneimittel, die normalerweise zum Sortiment der Schwanen-Apotheke gehören. In der nächsten Apotheke sind es 630 Defekte. Das ist die Momentaufnahme.“ Also, gelebte Realität! Die weicht aber von den veröffentlichten Angaben der Bundesregierung deutlich ab, denn das zuständige Ministerium spricht lediglich von 500 Defekten pro Apotheke: „Das stimmt so aber nicht“, weiß Dr. Ulrike Peterseim. 

 

Sie und ihr Team tun alles, um die Menschen vor Ort dennoch zu versorgen. „Wir wollen und müssen jedem, der Medikamente braucht, diese auch zur Verfügung stellen. Niemand sollte in Deutschland auf Medikamente verzichten müssen“, motiviert die erfahrene Apothekerin auch ihre Teams vor Ort. Herz- und Blutgerinnungsmedikamente, Insulin, Antidepressiva und einige mehr fehlen, einige davon lebenswichtig. Die Liste ist natürlich deutlich länger. „Wir telefonieren mit den Ärzten, recherchieren für Vorschläge, wie wir etwas lösen können. Hier ist die Fachkompetenz der Apotheken in Kooperation mit den Ärzten gefragt.“ Und die Geduld der Kunden, denn die sind solche Wartezeiten und Ausweichlösungen nicht gewohnt. Den Unmut richten sie häufig an das Personal, das ihnen eigentlich nur helfen möchte. Aber ein Medikament kann man nunmal im Gegensatz zu Luxusartikeln wie einem T-Shirt nicht aus dem Vorjahr nutzen. „Deshalb bitten wir die Patienten um solides Vertrauen, um geduldiges Abwarten ⎻ bis Lösungen gefunden sind“, richtet sich Dr. Peterseim an alle Apotheken Kunden. 

 

Zur Mangelware in Apotheken gehören auch Fachkräfte, weiß Dr. Peterseim zu berichten, die auf der Suche nach neuen Mitarbeitern schon einiges probiert und erlebt hat. 

 

Und mit Blick in die nahe Zukunft gibt es weitere „Baustellen“, so die Apothekerin. Die verpflichtende Nutzung von E-Rezepten ab Januar 2024 wird zu Beginn voraussichtlich Serverprobleme verursachen. Auch hier braucht die Einspielung Zeit. Hinzu kommt die zunehmende Bürokratie und die festgefrorenen Honorare, mit denen alle Apotheken zu kämpfen haben. Ohne in die Glaskugel schauen zu müssen, wird die Schließung der Haaner Bahnhofs Apotheke nicht die letzte in der Region sein. Doch eine Ausdünnung der Standorte wirkt sich auch auf die Notdienstpläne aus. 

 

Wie können all diese Hürden bestmöglich gemeistert werden? „All das geht nicht Online. Da sind wir als Mensch mit Herz und Verstand gefordert. Lassen Sie uns 2024 alle gemeinsam anpackenmit Vertrauen, Geduld und Zuversicht!“, unterstreicht die Apothekerin Dr. Peterseim.

 

Bericht/Foto: Bettina Lyko