
Wird der Wolf zum Freiwild? Bundesrat und neue Koalition wollen Schutzstatus reduzieren
11.04.2025Länder sehen akuten Handlungsbedarf – Umweltverbände warnen vor „Schnellschüssen“
Wölfe sind für Menschen nicht so gefährlich, wie es manch klassisches Märchen suggeriert. Aber viele Landwirte sorgen sich um ihre Herden, weil immer mehr Rudel in Deutschland entstehen. Im Bundesrat am Freitag, 11. April 2025, forderten daher die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen eine „schnelle Anpassung des Schutzstatus in der bestehenden Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union (FFH-Richtlinie), die derzeit noch das Jagen von Wölfen verbietet“. Soll heißen: Jägern sollen mehr Befugnisse bekommen, Wölfe ggf. zu schießen.
Mehr Flexibilität im Wolfsmanagement
Die Länderkammer argumentiert, dass die steigenden Wolfszahlen in vielen Regionen Deutschlands zu erheblichen Problemen führten – insbesondere in der Nutztierhaltung und in ländlichen Gebieten. Obwohl Präventionsmaßnahmen wie Zäune und Herdenschutzhunde vielerorts gefördert werden, reichten diese aus Sicht der Initiatoren nicht aus.
Die Bundesregierung solle daher zügig die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um den Wolf in das Bundesjagdrecht aufzunehmen. Damit wären gezielte Abschüsse unter bestimmten Voraussetzungen möglich – eine Forderung, die vor allem aus ländlich geprägten Bundesländern seit Jahren laut wird.
"Umdenken" auch auf europäischer Ebene
Rückenwind erhalten die Länder durch eine jüngst erfolgte Entscheidung auf europäischer Ebene: In der Berner Konvention, einem Abkommen zum Schutz wildlebender Arten in Europa, wurde der Schutzstatus des Wolfes bereits von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabgestuft. Der Bundesrat sieht darin ein „Umdenken in Europa“ und fordert die Bundesregierung auf, diesen Kurs auch in Brüssel im Rahmen der FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat) aktiv mitzugestalten.
Kritik von Umweltverbänden
Umweltschützer reagierten alarmiert auf den Vorstoß. So erklärt beispielsweise Dr. Sybille Klenzendorf, Programmleiterin für Wildtiere Deutschland und Europa beim WWF Deutschland: „Dieser Antrag bedient den Zeitgeist des Populismus. Es ist ein Trugschluss, dass man die Wolf-Weidetier-Konflikte mit der Flinte lösen kann.“
Das wirksamste Mittel zur Verringerung von Nutztierrissen sei ein „effektiver Herdenschutz“. In Deutschland wurden laut WWF im Jahr 2023 bei einer Wolfspopulation von 1601 Tieren rund 5727 Nutztiere durch Wölfe gerissen. „Das ist zu viel, aber deutlich weniger als in Frankreich, wo im gleichen Zeitraum etwa 12.000 Risse gemeldet wurden“, so KLenzendorf. „Und das, obwohl die Wolfspopulation mit 1104 Tieren kleiner war als in Deutschland und jährlich bis zu 19 Prozent getötet werden, also etwa 200 Wölfe. Das zeigt, dass sich Herdenschutz nicht durch Entnahme ersetzten lässt.“
Die Bundesländer sollten daher „gezielt und unbürokratisch in die Unterstützung von Weidetierhaltern investieren, um Konflikte mit Wölfen zu minimieren, anstatt auf undifferenzierte Jagd zu setzen, die das Problem nur verschärft. Für sogenannte Problemwölfe, die trotz hoher Zäune Nutztiere reißen, gibt es bereits rechtskonforme Regelungen zum Abschuss.“
Herdenschutzzäune und Herdenschutzhunde seien „effektiv, um Konflikte zwischen Wölfen und Nutztierhaltung zu reduzieren“, sagt die Naturschützerin abschließend. Der WWF kritisiert, dass es für viele Nutz- und Weidetierhalter in Deutschland immer noch zu schwierig, langwierig und bürokratisch ist, hierfür an Fördermittel zu kommen. Die Bundesländer sind hier in der Pflicht, den Zugang zu den Geldern und Unterstützungsmaßnahmen leichter machen.“
Neue Koalition plant ohnehin eine Reform
Die Entschließung des Bundesrats wird nun an die neue, demnächst amtierende Bundesregierung übermittelt. Einen konkreten Zeitplan, wann sich das Kabinett damit befasst, gibt es nicht. Auch rechtlich bindend ist der Vorstoß nicht – er gilt aber als politisch bedeutsam.
Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD gibt es bereits eine Einigung zum Thema: „Wir unterstützen den Herdenschutz und setzen den Vorschlag der EU-Kommission zur Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes in der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie unverzüglich in nationales Recht um“, heißt es in einer Zusammenfassung der Vereinbarung. „Mit den notwendigen Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes sorgen wir für eine rechtssichere Entnahme von Wölfen. Wir nehmen den Wolf umgehend ins Jagdrecht auf und erneuern dabei das Bundesjagdgesetz punktuell.“
Quelle: Bundesrat / Koalitionsvertrag CDU/CSU und SPD / WWF
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