Streit um Hambacher Forst: Gericht weist Klage gegen eine Baumhaus-Räumung ab

16.06.2023

Urteil zu Einzelfall – nicht zur Gesamtmaßnahme

Es war eine skurrile Situation am 13. September 2018 im Hambacher Forst im Braunkohleabbau-Revier bei Aachen: Jahrelang hatten sich Umweltaktivisten in dem Wald verschanzt, dort in selbst gebauten Hütten und Baumhäusern gelebt, um eine Rodung für den neu geplanten Tagebau zu verhindern. Dem Eigentümer, der RWE-Energiekonzern, und der Politik war dies ein „Dorn im Auge“. An jenem Herbsttag aber rückten Hundertschaften von Polizei – nach Ankündigung – im Hambacher Forst an, um die Besetzung aufzulösen.
Verantwortlich für die Maßnahme war die Stadt Kerpen auf Weisung des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW.

Offizielle Begründung: Hütten und Baumhäuser verstießen „gegen brandschutzrechtliche Vorschriften“.
Die Aktivisten sahen dies lediglich aus vorgeschobenen Vorwand an, um „unliebsame Besetzer“ zu entfernen.

 

War die Räumung also legitim?

Ja, sagt nun das Oberverwaltungsgericht NRW mit einem Urteil am 16. Juni 2023, allerdings nur in einem speziellen Fall: „Die Räumung und Beseitigung des Baumhauses ‚NoNames‘ im Hambacher Forst im September 2018 war rechtens.“ Damit lehnt das OVG die Beschwerde eines einzelnen Klägers gegen die Stadt Kerpen ab, der ein im Hambacher Forst errichtetes Baumhaus bewohnt hatte.

Aktenzeichen: 7 B 1354/18

 

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Warum?

Das Urteil überrascht nun, hat doch das Verwaltungsgericht Köln dem Kläger zunächst recht gegeben und die Räumung und Beseitigung von Baumhäusern und als „rechtswidrig“ angesehen.

Daraufhin hat die zuständige Stadt Kerpen Berufung eingelegt – mit Erfolg aus deren Sicht.

 

Entscheidend ist jedoch: Das OVG war nun in diesem speziellen Fall anderer Meinung, denn: „Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich nur auf das vom Kläger genutzte Baumhaus. Ein Ge-samtzusammenhang aller Maßnahmen zur Räumung des Hambacher Forstes, der dem Kläger auch Rechtsschutz gegen ihn nicht unmittelbar betreffende Maßnahmen ermöglichen könnte, liegt – anders als vom Verwaltungsgericht Köln angenommen – nicht vor“, heißt es in einer Presserklärung.

 

Soll also bedeuten: Es geht alleine um diesen Einzelfall, nicht die gesamte Räumungsaktion. Das vom Kläger genutzte Baumhaus war „nicht genehmigt“ und habe „insbesondere gegen Vorschriften zum Brandschutz und zur Verkehrssicherheit verstoßen“.
Damit folgt das OVG der Begrünung des Landes NRW: „Der Weisung des Ministeriums lagen hinreichende Sachverhaltsermittlungen zugrunde und die Maßnahme war angesichts des be¬zweckten Schutzes von Leib und Leben nicht unverhältnismäßig.“

 

Eine Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen. Der Kläger könnte aber eine Nichtzulassungsbeschwerde erheben, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: „Ende Gelände“

 


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