Rundfunk-Beitrag abschaffen? Pro und Contra

09.02.2024

Petition sorgt für weitere Diskussion: Ist das System Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk noch zeitgemäß?

Jeder Haushalt zahlt zwangsläufig den Rundfunkbeitrag von monatlich 18.36 Euro für die Öffentlich-Rechtlichen Sender und bekommt dafür einen Mix aus zahlreichen Sendern und Inhalten (Nachrichten lokal und weltweit, Investigativ-Journalismus, Dokumentationen, Unterhaltung, Sport, Spielshows, Filme, Serien etc.). Passt das noch in unsere Zeit?

Für viele Zahlende offenbar nicht. Zum Beispiel Domenik Schumacher. Er hat bei change.org eine Petition zur „Abschaffung der Zahlung an ARD & ZDF“ gestartet. Über 61.630 Unterschriften sind bis zum 8. Februar 2024 bereits eingegangen.

 

Kritik am Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk-System gibt es schon lange. Und immer mehr Menschen sagen auch – wie Domenik Schumacher: „Persönlich nutze ich diese Dienste nicht und finde es ungerecht, dafür zahlen zu müssen.“

Er fordert statt dessen: „Es ist an der Zeit, dass wir diese veraltete Praxis überdenken und uns auf ein System zubewegen, das fairer und repräsentativer für die Bedürfnisse aller Bürger ist.“

 

Dabei möchte er auch betonen, „dass dies keine Kampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an sich ist –
sondern gegen eine Gebührenpolitik, die nicht mehr zeitgemäß ist.“

 

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Was ist dran an der Kritik?

Die Befürworter des Öffentlich-Rechtlichen Systems würden zum Beispiel sagen: 18,36 Euro monatlich für ein Gesamtpaket, das sei doch nicht zu viel. Es gäbe kein kompliziertes Abo-System, alles werde einfach frei Haus geliefert, auf jedem Gerät ohne Sperre empfangbar. Natürlich sieht sich nicht jeder Zuschauer jede Sendung an (z.B. Volksmusik), hat aber die Auswahl.

Auch Sport-Spektakel wie Olympia oder Fußball-WM oder -EM seien in dem Paket inklusive. Für die Übertragungsrechte lassen ARD und ZDF auch mehrere Millionen Euro springen.

 

Trotz aller Unkenrufe sei beispielsweise die tagesschau weiterhin höchst erfolgreich, sagt die ARD: Nach eigenen Angaben gab es im vergangenen Jahr täglich durchschnittlich rund 9,5 Millionen Zuschauer bei den 20-Uhr-Ausgabe (Marktanteil von 38,8 Prozent), die tagesthemen schauen demnach durchschnittlich knapp 2 Millionen Menschen (Marktanteil 10,6 Prozent).

Angebote der tagesschau-App wurden 1,2 Milliarden mal aufgerufen, es gab etwa 684 Millionen Besuche. Auch bei Social Media steigt die Zahl der Follower: Instagram 4,8 Millionen, TikTok 1,4 Millionen, X 4,6 Millionen, YouTube 1,5 Millionen, facebook 2,4 Millionen und Mastodon 48.000.

 

Außerdem verfügen die Öffentlich-Rechtlichen über ein globales Korrespondenten-Netzwerk, das ja auch bezahlt werden müsse. 

Gleichzeitig gibt es unzählige Regional-Stationen, und das sollten auch die Gegner anerkennen: Wenn der eigene Ort oder Verein einmal im Öffentlich-Rechtlichen TV zu sehen ist, freut man sich doch auch mit, oder...?

 

Aber die Kritik reißt nicht ab: Müssen es wirklich so viele Sender sein? Und warum verschlankt man die Struktur nicht?

Außerdem haben die Finanz- und Vetternwirtschafts-Skandale beim rbb haben ebenso viel Vertrauen zerstört.

 

Und die Zeitungs-Verlage monieren: Sie müssten ihre Einnahmen durch Verkäufe, Anzeigen und andere Geschäfte mühsam generieren, während die Öffentlich-Rechtlichen das Geld „einfach so“ einsammeln können – und das unterstützt dank Rundfunk-Staatsvertrag.

 

Es muss sich etwas ändern, das hat auch ein so genannter Zukunftsrat vor kurzem verkündet und einige Vorschläge unterbreitet. 

 

Studie: Ist der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk „zu links“?

ARD und ZDF sollen „unabhängig“ über das Geschehen daheim und in der Welt berichten. d.h. unabhängig von politischen Einflüssen und – im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Medienunternehmen – Werbekunden. Der Rundfunkbeitrag soll dies ermöglichen.

 

Genau das zweifeln aber die Skeptiker, Gegner und Kritiker an: ARD und ZDF seien vornehmlich „links-grün“ orientiert oder würden „von der Regierung gesteuert" (egal, wer gerade regiert, den Vorwurf gab es bereits in der Amtszeit von CDU-Bundeskanzlerin Merkel). Warum also sollten „Konservative“ oder „Liberale“ dafür bezahlen?

 

Vor kurzem hat das Institut für Publizistik der Universität Mainz eben dies untersucht und die Berichterstattung von öffentlich-rechtlichen Sendern und privatwirtschaftlichen Medienhäusern analysiert und miteinander verglichen.

 

Der Befund ist durchwachsen, zeigt aber eine Tendenz auf.

 

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Einerseits heißt es „sowohl die Themenvielfalt als auch die Akteursvielfalt sind in den neun untersuchten öffentlich-rechtlichen Formaten durchweg hoch. Natürlich wurden einige Themen deutlich häufiger behandelt als andere. Und vor allem den sehr deutlichen Sichtbarkeitsvorsprung der Regierungs- gegenüber den Oppositionsparteien kann man auch kritisch sehen.“

 

Andererseits „fiel die wertende Darstellung politischer Akteure in den öffentlich-rechtlichen Formaten bei weitem überwiegend negativ aus. In fast jedem der neun öffentlich-rechtlichen Formate wurden sowohl Parteien links der Mitte als auch Parteien rechts der Mitte im Saldo negativ bewertet. Gleiches galt auch für die 34 Vergleichs- und vor allem die vier Extremmedien [gemeint sind die Neue Deutschland und die Junge Welt (links) sowie die Junge Freiheit und Tichys Einblick (rechts), Anm.d.Red.].“

 

Außerdem zeige sich „in Bezug auf die Positionierung entlang grundlegender gesellschaftlicher Konfliktlinien, dass sich die neun hier untersuchten öffentlich-rechtlichen Formate ausnahmslos (Sozialstaatsorientierung) bzw. überwiegend (liberalprogressive Grundhaltung) auf der Seite der Gesellschaft positionieren, die man vereinfacht ausgedrückt als politisch links der Mitte bezeichnen kann. Sie reihten sich damit auch hier wieder weitgehend nahtlos in die 34 Vergleichsmedien ein, die mit wenigen Ausnahmen ebenfalls Sozialstaatsorientierung mit einer liberal-progressiven Grundhaltung verbanden.“

 

Und auch hier müsse man differenzieren, sagt die Studie: „Während einige öffentlich-rechtliche Formate (heute, BR-Nachrichten) zu den ausgewogensten Medien zählten, befanden sich andere (rbb und WDR-Nachrichten) deutlich weiter von der Mitte entfernt.“

 

Das Fazit der Autoren: „Insgesamt positionierten sich die neun hier untersuchten öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformate relativ gleichmäßig in einem durch Außenpluralismus, aber auch eine leichte Linksschiefe gekennzeichneten Mediensystem. Sie fielen durch einen gegenüber den Vergleichsmedien weniger kritischen Umgang mit den aktuellen Regierungsparteien auf, gehörten aber ansonsten nicht zu den Medien, die sich am stärksten positionierten. Allerdings berichteten sie im Schnitt auch nicht unbedingt vielfältiger und ausgewogener als die Vergleichsmedien, obwohl die Ansprüche an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Hinsicht durchaus höher sind.“

 

Von „Einseitigkeit“ will die Studie so pauschal nicht sprechen, allerdings sollten die Formate auch "mehr Raum für konservative und marktliberale Positionen“ bieten: „Man muss bedenken, dass ein Teil des Publikums solche Positionen vertritt und vermutlich erwartet, sie auch in den öffentlich-rechtlichen Formaten (häufiger) wiederzufinden. Hier geht es auch um das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, weil Menschen vor allem solchen Medieninhalten vertrauen, in denen sie (auch) ihre eigene Weltsicht bestätigt finden. Dabei ist plausibel, dass ein nachlassendes Vertrauen mittelfristig auch zu einer nachlassenden Nutzung führen wird.“

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: ARD/ZDF/Pixabay / Montage: anzeiger24.de

 


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