Kassenärzte gegen Cannabis: "Legalisierung birgt Gefahren für Heranwachsende"
23.05.2023Befürchtungen: Suchtpotential unterschätzt – Drogenkriminalität sinkt nicht – Psychotherapie-Bedarf steigt
Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur Legalisierung von Cannabis stieß seit Bekanntgabe auf Kritik und Skepsis bei Vertretern aus dem Gesundheitsbereich.
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Ganz aktuell erteilt nun die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) dem Vorhaben „eine klare Absage“, so der Vorstandsvorsitzende Dr. med. Frank Bergmann: „Ich bin in höchstem Maße skeptisch und fürchte, dass die Politik im Falle einer Legalisierung schwerwiegende Gefahren für die Gesundheit von Jugendlichen bewusst in Kauf nimmt. Die Unter-18-Jährigen werden sich die Droge weiterhin auf dem Schwarzmarkt besorgen. Auch die Annahme einer sinkenden Drogenkriminalität in Folge eines legalen Konsums erschließt sich mir nicht.“
kl. Foto oben: Dr. med. Frank Bergmann, Rudolf Henke, Gerd Höhner und Dr. med. Carsten König (v.l.n.r.)
Vor allem das „hohe Suchtpotenzial von“ Cannabis und die daraus resultierenden „Auswirkungen auf die ambulante Versorgung“ werden nach Meinung des KVNO-Vorstandsvorsitzenden in der momentanen politischen Diskussion massiv unterschätzt: „Als Neurologe und Psychiater weiß ich um die Gefahr der Abhängigkeit von der Droge, insbesondere für Heranwachsende – dies wird sich auch auf die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung auswirken. Sollte Cannabis tatsächlich flächendeckend legalisiert werden, rechne ich mit einem deutlich höheren Behandlungsbedarf bei Suchterkrankungen und depressiven Störungen, die das schon heute extrem belastete Versorgungssystem zusätzlich bewältigen müsste.“
Geltende Richtlinien der Psychotherapie nicht anwendbar
Dass durch eine Cannabis-Legalisierung vor allem die Nachfrage nach psychotherapeutischen Leistungen zunehmen könnte, fürchtet auch Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen. Seine psychotherapeutischen Kolleginnen und Kollegen im Land würden „bereits heute oftmals am Limit arbeiten“ und könnten den „Therapiebedarf seitens der Patientinnen und Patienten teils nur unzureichend decken“.
Außerdem seien „die geltenden Vorgaben zur Durchführung der Psychotherapie, die sogenannte Psychotherapie-Richtlinie, im Falle einer Cannabislegalisierung gar nicht umsetzbar“, so Höhner: „Mit Blick auf die Richtlinien kann und darf eine ambulante Psychotherapie heute nur erfolgen, wenn nach maximal zehn Behandlungsstunden eine vollständige Suchtmittelfreiheit beim Patienten bzw. der Patientin erreicht werden kann. Dieses Kriterium würde aber durch einen frei zugänglichen, legalen Konsum ad absurdum geführt.“
Zusätzliches Suchtmittel zu Tabak und Alkohol
Eine Legalisierung von Cannabis würde außerdem die „bereits seit Jahren durchgeführten Anstrengungen für eine allgemeine Konsumreduzierung von Suchtmitteln erheblich konterkarieren“, ergänzt der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke: „Statt die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit neuer Suchtmittel zu ermöglichen, sollten wir eher dafür sorgen, dass Konsumierende, deren Suchtmittelkonsum zu Problemen führt, möglichst früh effektive Hilfen zur Reduzierung der mit dem Konsum verbundenen Risiken und Schäden erhalten. Wir brauchen zeitnah eine Ausweitung gezielter und evaluierter Präventionsstrategien ausgehend von den Schulen bis hinein in die Arbeitswelt, Freizeit und in weitere Lebenswelten mit dem Ziel, dass insgesamt weniger Menschen Suchtmittel konsumieren.“
Quelle: KVNO
Fotos: Pfüderi/Pixabay / KVNO
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