Jährlich tausende Hitzetod-Opfer: Minister Lauterbach arbeitet an Aktionsplan

26.06.2023

Warnsysteme, Kommunikation und Prävention verbessern

Zum Siebenschläfertag 2023 kann ein Großteil von Deutschland wieder auf- und durchatmen: Die Hochtemperaturen von über 30 Grad der letzten Tage sind überwiegend abgeflaut.

Aber: Die nächste Hitzewelle kommt bestimmt. Und die macht vielen Menschen – zum Beispiel Erkrankten oder Senioren – ordentlich zu schaffen.

 

Der Staat will dabei nicht mehr alleine auf die Selbstverantwortung setzen – also dass die Menschen eigenständig viel Wasser trinken, kein Sport in der prallen Sonne oder Wohnung abdunkeln.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach arbeitet mit Expertinnen und Experten der Pflege- und Ärzteschaft, der Kommunen sowie aus Praxis und Wissenschaft an einem Hitzeplan. „Ziel ist, Warnung und Reaktion bei Hitzewellen zu verbessern“, teilt das Ministerium mit. „Es muss aufhören, dass jedes Jahr tausende Menschen den Hitzetod sterben.“

In 2022 sollen es rund 4.500 Opfer gegeben haben.

 

Banner-Netto-Sept-2021

 

Erste Vorschläge

Hausärzte, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sollen besonders hitzeanfällige Patientinnen und Patienten (Kinder, Schwangere, Ältere, Vorerkrankte) bei Hitzewellen warnen und Präventionsmaßnahmen einleiten.

Dazu soll es entsprechende Weiterbildungen geben.

 

Auch ehrenamtliche Organisationen wie Nachbarschaftshilfen sollen eingebunden werden.


Seit dem 22. Juni 2023 veröffentlicht das Robert-Koch-Institut einen wöchentlichen Hitzeradar, mit dem Übersterblichkeit in Relation zu steigenden Temperaturen gesetzt wird.

Eine Website von der Ludwig-Maximilians-Universität München soll Städten und Kommunen praxisnahe Tipps für Hitzeaktionspläne geben.

„Auf der Seite wird erklärt, wie Notfallpläne in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen aussehen können, wie man Gebäude vor Wärme schützt, und dass man Obdach- und Wohnungslose besonders schützen muss“, erklärt das Ministerium.

 

Kommunen und öffentliche Einrichtungen sollen mehr Trinkwasserquellen und Schattenplätze bzw. „kühle Orte“ schaffen sowie Hitzeaktionspläne erstellen.
Die LMU München hat dazu eine Webseite erstellt, die vom Ministerium gefördert wird.
 

Das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD) soll „von allen relevanten Akteuren routinemäßig genutzt und in seiner Anwenderfreundlichkeit und Vermittelbarkeit hinsichtlich verschiedener Erfordernisse optimiert“ werden.

Die Kommunikation zwischen Bundesgesundheitsministerium und den Ländern und Kommunen soll gestärkt werden.

 

FAQ zu Hitzewellen

 

Es ist also schon viel Vorarbeit geleistet worden, gibt aber auch noch viel zu tun.

Denn jetzt müssen die „Impulse“ auch umgesetzt werden – von der Politik, von den Behörden, von den Gesundheitseinrichtungen, jeder von uns kann einen Beitrag dazu leisten.

 

Statistisches Bundesamt: Rund 1.500 Krankenhausbehandlungen pro Jahr bedingt durch Hitze und Sonnenlicht

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, führten Hitzschläge, Sonnenstiche und andere durch Hitze oder Sonnenlicht verursachte Schäden im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2021 zu knapp 1 500 Krankenhausbehandlungen jährlich. Als direkte Todesursache lasse sich Hitze bei durchschnittlich 19 Fällen pro Jahr allerdings selten feststellen.

 

So lag die Zahl der im Krankenhaus behandelten Schäden durch Hitze und Sonnenlicht beispielsweise im Jahr 2015 mit gut 2 300 Fällen 55 % über dem Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2021. Im selben Jahr waren 60 Todesfälle auf Hitze oder Sonnenlicht zurückzuführen - mehr als dreimal so viele wie im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2021.

2015 war ein Jahr mit vergleichsweise vielen Hitzetagen in Deutschland: Durchschnittlich 17,6 solcher Tage zählte der Deutsche Wetterdienst. Die meisten Krankenhausbehandlungen (2 600) und vergleichsweise viele Todesfälle (41) aufgrund von Hitze oder Sonnenlicht gab es 2003 - ebenfalls ein Jahr mit vielen Hitzetagen in Deutschland (19,0).

 

Die Krankenhausbehandlungen wegen Flüssigkeitsmangels haben sich laut Destatis innerhalb von 20 Jahren mehr als verdoppelt (+112%): Während 2001 gut 50 700 Patientinnen und Patienten aufgrund dieser Diagnose stationär behandelt wurden, waren es 2021 gut 107 500. Bei den Todesfällen aufgrund von Volumenmangel zeigt sich ein noch deutlicherer Anstieg: Im Jahr 2021 gab es mit gut 3 500 Todesfällen mehr als siebenmal so viele Todesfälle wie 20 Jahre zuvor. 2001 waren knapp 500 Menschen infolge Flüssigkeitsmangels gestorben. 

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: G.Altmann/Pixabay

 


Ihr wollt uns Eure Meinung sagen? Gerne per Mail an

[email protected]