Deutsche überschätzen Inflation massiv: Wahrnehmung und Realität klaffen auseinander

12.02.2025

Bundestagswahlkampf betroffen: Vor allem AfD- und BSW-Sympathisanten sehen die Lage schlechter als sie ist

Verbraucher in Deutschland nehmen die Preissteigerungen deutlich höher wahr, als sie tatsächlich sind. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Laut einer Umfrage des arbeitgebernahen Instituts schätzten die Befragten die Inflationsrate für das Jahr 2024 im Durchschnitt auf 15,3 Prozent. Tatsächlich lag die Teuerungsrate jedoch lediglich bei 2,2 Prozent.

 

Wahrnehmungsverzerrung über Parteigrenzen hinweg

Das Phänomen einer verzerrten Inflationswahrnehmung betrifft Verbraucher unabhängig von ihrer politischen Orientierung. Besonders deutlich zeigen sich jedoch Unterschiede zwischen den Anhängern verschiedener Parteien. Während Anhänger von Bündnis 90/Die Grünen mit einer geschätzten Inflationsrate von 10,8 Prozent noch am nächsten an der realen Zahl lagen, lagen AfD- und BSW-Sympathisanten mit 18,7 bzw. 18,1 Prozent besonders weit daneben.

Ein besonderer Fokus der Befragung lag auf der Preisentwicklung von Lebensmitteln. Zwei Drittel der Teilnehmer gaben an, dass die Lebensmittelpreise im vergangenen Jahr „stark gestiegen“ seien. Tatsächlich lag die Inflationsrate für Lebensmittel im Jahr 2024 lediglich bei 1,9 Prozent.

 

Banner-Penny-Sept-2021

 

Politische Auswirkungen möglich

Kurz vor der Bundestagswahl könnte die verzerrte Wahrnehmung der Inflation politische Konsequenzen haben. In den USA spielten Preissteigerungen bereits eine zentrale Rolle bei den vergangenen Wahlen, und auch in Deutschland sehen viele Bürger das Thema als wahlentscheidend an. Bei einer aktuellen TV-Debatte zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz war die Teuerung eines der dominierenden Themen.

Besonders brisant: Laut der Studie betrachten rund 50 Prozent der AfD- und BSW-Anhänger die Inflation als eines ihrer drei wichtigsten Wahlkampfthemen. „Das Thema Inflation kann gerade an den politischen Rändern mobilisieren“, erklärt IW-Studienautor Matthias Diermeier.

 

Misstrauen gegenüber offiziellen Zahlen

Eine mögliche Ursache für die Diskrepanz zwischen realer und gefühlter Inflation liegt im mangelnden Vertrauen in die offiziellen Statistiken. Besonders unter AfD- und BSW-Wählern herrscht große Skepsis: Mehr als zwei Drittel von ihnen glauben, dass die tatsächlichen Preissteigerungen höher sind als die amtliche Inflationsrate.

 

Die Umfrage wurde vom Institut der deutschen Wirtschaft im Rahmen einer Mehrthemen-Befragung durchgeführt. Zwischen dem 10. und 18. Dezember 2024 wurden über ein Online-Panel 3.267 Personen in Deutschland befragt. Die Erhebung ist repräsentativ hinsichtlich Einkommen, Wohnort sowie Geschlecht und Alter.

Obwohl die reale Inflation vergleichsweise niedrig ist, bleibt das subjektive Empfinden vieler Menschen eine mächtige politische Kraft. Inwieweit Parteien diese Wahrnehmung im Wahlkampf nutzen werden, bleibt abzuwarten.

 

Quelle: IW

Foto: XXX

 


Ihr wollt uns Eure Meinung sagen? Gerne per Mail an

[email protected]