BFH: Soli nur für Reiche ist gerechtfertigt

Armutsforscher fordert sogar Verdoppelung

Den Soli(daritätszuschlag), mit dem seit 1995 der „Aufbau Ost“ finanziert wird, müssen seit 2020 nur noch „Besserverdienende“ bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen ab 100.000 Euro entrichten.

Das fand ein betroffenes Ehepaar offenbar ungerecht und klagte gegen den Bescheid seines Finanzamtes, das 2.078 Euro für das Jahr 2020 und einen Vorauszahlungsbescheid über 57 Euro für das Jahr 2021 verschickte.

 

Ohne Erfolg, denn der Bundesfinanzhof (BFH, die "höchste Instanz der Finanzgerichtsbarkeit") in München urteilte nun: „Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war in den Jahren 2020 und 2021 ‚noch nicht verfassungswidrig‘.“

 

Verstößt der Soli als „Reichensteuer“ gegen den Gleichheitsgrundsatz?

Die Kläger beriefen sich auf das Auslaufen des Solidarpakts II sowie die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs zum Ende des Jahres 2019. Der Solidaritätszuschlag sei als Ergänzungsabgabe nur eine Ausnahme und keine dauerhafte Erhebung gewesen, so die Begründung. Die Erhebung verletze sie in ihren Grundrechten, weil der Soli nun eine „verkappte Reichensteuer“ sei, die gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße.

 

Das sah der BFH aber anders: „Eine Ergänzungsabgabe (Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes) hat die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne Erhöhung der übrigen Steuern zu decken“, heißt es in der Presseerklärung zum Urteil. „Die Abgabe muss nicht von vornherein befristet werden, und der Mehrbedarf für die Ergänzungsabgabe kann sich auch für längere Zeiträume ergeben.“

 

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Der Solidaritätszuschlag habe "seine Rechtfertigung als Ergänzungsabgabe nicht verloren“. In den Jahren 2020 und 2021 habe „nach wie vor ein wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf des Bundes“ bestanden, etwa im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarktes.

 

Und warum sollen nur „Reiche“ den Soli zahlen?

Die Ungleichbehandlung sei „mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip gerechtfertigt“, so der BFH: „Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig. Daher kann auch der Gesetzgeber beim Solidaritätszuschlag, der im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen und diesen auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften beschränken.“


Müssen Spitzenverdiener mehr für die sozialen Folgen von Corona, Energiekrise und Inflation zahlen?

Der Armutsforscher Christoph Butterwegge geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert in einem Gastbeitrag im Kölner Stadtanzeiger am 30. Januar 2023 „eine Verdoppelung des Solidaritätszuschlages zur Dämpfung der sozialen Folgen von Corona-Pandemie, Energiepreiskrise und Inflation“.

 

Eine Abschaffung der Ergänzungsabgabe wären „für den Bundeshaushalt desaströs und verteilungspolitisch skandalös“.

Es entstünden außerdem Rückzahlungsverpflichtungen „im hohen zweistelligen Milliardenbereich, die den Staat zusätzlich belasten würden“.

 

Auf der anderen Seite würde sich die ohnehin stetig wachsende Einkommens- und Vermögensungleichheit noch verschärfen, argumentiert Butterwegge.

Die finanzstärksten Bürgerinnen und Bürger sollten nach Butterwegges Auffassung in einer Krisensituation wie der gegenwärtigen mehr Verantwortung für die Staatsfinanzen übernehmen. Bei einer Verdoppelung des Soli beliefe sich die Mehrbelastung für die hiervon Betroffenen gerade mal auf 143,63 Euro im Monat bei einem Bruttoeinkommen von rund 10.000 Euro. "Spitzenverdiener müssten auch dann nicht darben", so Butterwegge.


Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Joachim Kirchner/Pixabay 

 


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