Tarifstreit beendet: Mehr Gehalt, mehr Zulagen, mehr Arbeitszeit-Flexibilität im öffentlichen Dienst

06.04.2025

Gewerkschaften und Kommunale Arbeitgeberverbände einigen sich nach harten Verhandlungen

Das war eine harte Nuss, die die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), der Bund und die Gewerkschaften ver.di und dbb beamtenbund und tarifunion knacken mussten. Nun gibt es – dank Einsatz einer Schlichtungsgruppe – eine Einigung für einen Tarifabschluss für rund 2,6 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

Allerdings müssen jetzt noch die Bundestarifkommission und die Gewerkschaftsmitglieder dieses Verhandlungsergebnis „genehmigen“.

 

Was wurde vereinbart?

  • Lineare Entgelterhöhungen ab dem 1. April 2025 um 3 Prozent, ab dem 1. Mai 2026 um weitere 2,8 Prozent (Laufzeit 27 Monate, bis 31. März 2027).
  • 110 Euro Mindestbetrag im ersten Erhöhungsschritt. Das führt zu einer überproportionalen Erhöhung des Tabellenentgelts in Entgeltgruppen (EG) 1 bis 5 sowie in EG 6 bis zur Stufe 5, in EG 7 bis zur Stufe 4, in EG 8 bis zur Stufe 3, in EG 9a bis zur Stufe 2 und in EG 9b Stufe 1. So kommen im ersten Schritt Erhöhungen von bis zu 4,67 Prozent zustande.
  • Die Vergütung der Auszubildenden, dual Studierenden, Praktikantinnen und Praktikanten soll ebenfalls in zwei Schritten ansteigen: ab dem 1. April 2025 um 75 Euro und ab dem 1. Mai 2026 um weitere 75 Euro.
  • Die Auszubildenden und dual Studierenden sollen bei betrieblichem Bedarf unbefristet übernommen werden, wenn sie mindestens mit der Note "Befriedigend" abgeschlossen haben.
  • Ab dem Jahr 2027 soll es einen zusätzlichen Urlaubstag für alle Beschäftigten (inklusive Auszubildende) geben.

 

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  • Die Jahressonderzahlung soll ab 2026 erhöht werden:
    Bund: EG 1 bis 8: von 90 auf 95 Prozent, EG 9a bis 12: von 80 auf 90 Prozent, EG 13 bis 15: von 60 auf 75 Prozent
    VKA: 85 Prozent in allen EG,90 Prozent in den EG 1 bis 8 in den Bereichen BT-K und BT-B
    Es soll die Möglichkeit geben, diese Jahressonderzahlung (außer in Krankenhäusern, Pflege- und Betreuungseinrichtungen) in bis zu drei zusätzliche freie Tage umzuwandeln. Für den Bereich der Krankenhäuser und Pflege- und Betreuungseinrichtungen soll als Ausgleich für die fehlende Umwandlungsmöglichkeit die Jahressonderzahlung in den EG 1 bis 8 auf 90 Prozent erhöht werden.
  • Die Zulage für ständige Schichtarbeit soll ab dem 1. Juli 2025 von 40 Euro auf 100 Euro monatlich erhöht werden. Die Zulage für ständige Wechselschichtarbeit soll von 105 Euro auf 200 Euro steigen, im Bereich der Krankenhäuser, Pflege- und Betreuungseinrichtungen von 155 Euro auf 250 Euro. Die Stundensätze für nicht ständige Schicht- und Wechselschichtarbeit sollen entsprechend erhöht werden. Ab dem Jahr 2027 sollen diese Zulagen dynamisiert werden.
  • Auf betrieblicher Ebene soll durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung ein Langzeitkonto vereinbart werden können. Das eingebrachte Wertguthaben soll zum Beispiel für Sabbaticals, eine Verringerung der Arbeitszeit, Freistellungen für Kinderbetreuungen und Pflege verwendet werden können.
  • Die Regelungen zur Gleitzeit sollen zukünftig genauer gefasst und eine Kappung von Stunden vermieden werden. Wenn ein Langzeitkonto eingerichtet ist, soll auch eine Übertragung von Plusstunden auf dieses Konto erfolgen können. Künftig sollen auch Überstunden angeordnet werden, um die Kappung zu vermeiden.
  • Beschäftigte und Arbeitgeber können – für beide Seiten freiwillig – vereinbaren, dass ab dem Jahr 2026 die wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 42 Stunden erhöht wird. Das kann für einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten vereinbart werden. Die Beschäftigten erhalten dann das entsprechend erhöhte Entgelt, entsprechend erhöhte sonstige Entgeltbestandteile und einen Zuschlag für jede Erhöhungsstunde. Der Zuschlag beträgt: in den EG 1 bis 9b: 25 Prozent, in den EG 9c bis 15: 10 Prozent des Tabellenentgelts der Stufe 3 der jeweiligen EG.

 

Wie geht es nun weiter?

Bis zum 9. Mai 2025 läuft nun die Mitgliederbefragung zu der Einigung. Anschließend entscheidet die BTK ö.D. endgültig über die Tarifeinigung – eine Mehrheit empfiehlt die Annahme, hat ver.di bereits verkündet.

Sollte diese letzte Hürde genommen werden, gilt die vereinbarte Laufzeit von 27 Monaten bis zum 31. März 2027. In dieser Zeit herrscht Friedenspflicht, d.h. Streiks sind ausgeschlossen.

 

StGB: Sorge um Finanzierbarkeit

Während sich nun die Beschäftigten im öffentlichen Dienst über mehr Einnahmen freuen können, wächst bei den Kassenwarten in den Amtsstuben die Sorge, wie sie das finanzieren sollen.

So erklärt beispielsweise Prof. Dr. Christoph Landscheidt, Präsident des Städte- und Gemeindebundes (StGB) NRW in einem Interview mit n-tv:

„Wir haben eine ganze Reihe von finanziellen Problemen. Das eine ist, dass wir wie viele andere Städte in Deutschland einen Investitionsstau haben. Auf der Bundesebene sind es 186 Milliarden Euro. Wenn man das herunterbricht auf unsere Stadt, sind es einige Millionen, die uns fehlen. Das andere, mindestens genauso gravierende Problem, sind die strukturellen Haushaltsprobleme. Die Mittel, die wir brauchen für Sach- und Personalkosten, dieses strukturelle Defizit ist enorm.
(…)
Die Soziallasten sind erheblich. Da helfen uns die Milliarden für den Investitionsbereich überhaupt nicht.
(…)
Was uns am meisten umtreibt, ist, dass wir unseren strukturellen Haushalt nicht ausgleichen können. Das heißt, die Personal- und Sozialkosten wachsen uns über den Kopf. Wir müssen uns verschulden, immer stärker. Das ist der eine Part.
Was die konkreten Investitionsmittel, die uns jetzt zur Verfügung gestellt werden, angeht, da werden Fragen an uns herangetragen: Wie passiert das eigentlich? Wie wird es in die Länder verteilt? Wie wird es von den Ländern verteilt? Was Berlin angeht, wünsche ich mir, dass das Geld, das uns zugesagt worden ist, auch schnell bei uns ankommt.“

 

Quelle: dbb / VKA / ver.di

Fotos: W.Wende/Pixabay / KI generiert mit Adobe Firefly / Montage: anzeiger24.de

 


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