Pflichtversicherung für Hochwasser-Elementarschaden? Politik einigt sich auf Minimal-Konsens

21.06.2024

Experten fordern, die Allgemeinheit zu entlasten – Bund-Länder-Konferenz will lediglich „Angebotslösung“

„Die schweren Regenfälle und Überschwemmungen im Saarland und in Rheinland-Pfalz haben erneut vor Augen geführt, dass sich Deutschland besser an den Klimawandel anpassen muss. Eigentlich können sich Hauseigentümer*innen freiwillig mit einer Elementarschadenversicherung vor finanziellen Schäden durch Naturgefahren schützen – doch nur rund die Hälfte macht davon Gebrauch“, sagt der Versicherungsexperte Prof. Nickel-Waninger vom Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV). „Es ist daher an der Zeit, ernsthaft über eine Elementarschaden-Pflichtversicherung nachzudenken.“

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Ähnlich sieht es auch Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Geldratgebers Finanztip: „Es kann nicht sein, dass die Allgemeinheit, sprich der Steuerzahler, für hohe Schäden aufkommen muss, die versicherbar gewesen wären. An Angeboten für Versicherungsschutz hat es in den letzten Jahren nicht gemangelt. Finanztip ruft die politischen Entscheidungsträger auf, alle Hausbesitzer gleichermaßen in die Pflicht zu nehmen, für ihren Schutz zu sorgen.“

 

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Doch die Politik tut sich schwer, einen solchen Eingriff in die Selbstbestimmung von Immobilienbesitzerinnen und -besitzen gesetzlich zu regeln. Und: Es steht ui befürchten, dass die Versicherungsgesellschaften ihre Beiträge in die Höhe schnellen lassen.
Am 20. Juni 2024 traf sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten zu einer weiteren Bund-Länder-Konferenz.

 

Am Ende stand lediglich ein Minimal-Konsens: „Mit Blick auf die Elementarschadensversicherung wurde eine sorgfältige Prüfung der unterschiedlichen Vorschläge sowie ein lösungsorientierter Prozess vereinbart“, erklärte die Bundesregierung zum Abschluss. „Der Bund präferiert eine Angebotslösung. Das bedeutet, dass Versicherer verpflichtet sind, die Abdeckung von Elementarschäden anzubieten. Für Versicherte bliebe die Möglichkeit, sich für oder gegen eine Deckung der Schäden aus Elementarschadenereignissen entscheiden.“

 

 

Das überzeugt Prof. Nickel-Waninger vom SVRV nicht: „Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung in der Versicherungsbranche weiß ich: Mit Freiwilligkeit kommen wir bei der Verbreitung der Elementarschadenversicherung nur ganz langsam voran. Ob sich je mehr als 80 % freiwillig versichern werden, ist mehr als fraglich. Für eine Pflichtversicherung braucht es im Übrigen keine Neugründung einer staatlichen Versicherungsanstalt. Die Gebäude lassen sich nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen versichern.“

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Fot: Samuel F. Johanns/Pixabay

 


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